12 Feb

Bindung, Bindung, Bindung – wieso ist das so wichtig?

Bindung hat immer zwei Richtungen; das Kind ist gebunden – an seine Bezugsperson(en), die ihrerseits Bindung ermöglicht/ermöglichen. In der Familie blicken wir hier auf Kind und Bezugsperson, i.d.R. Elternteil. Die Bezugsperson sollte feinfühlig erfüllen, was das Kind signalisiert: dass es Nähe, Hilfe und Trost braucht – oder dass es Zutrauen und Loslassen benötigt. Das ist ein sehr emotionaler Vorgang, in vielem unbewusst, in dem nicht nur der Erwachsene Akteur ist, sondern auch das Kind agiert und reagiert.

Wenn ein Kind nun als „sehr anstrengend“ empfunden wird oder als „merkwürdig“, also Signale aussendet, die uns oder dem Umfeld missfallen oder uns verunsichern, geht bei vielen Erwachsenen der Blick erstmal auf das Kind: Was stimmt nur mit ihm nicht? Was ist da los? Was hat es wohl erlebt, vielleicht mit den Freunden oder außerhäusigen Erziehern? Was muss es verarbeiten? Welche Phase ist das denn nun wieder??

Als nächstes geht das fragende Überlegen dann hoffentlich, aber zum Glück auch immer öfter hin zu unserem Tun als Bezugsperson: War ich zu streng? War ich zu lasch? War ich zu laut? Zu lustlos? Hab ich nicht richtig geholfen? Zu sehr geklammert? Wie kann ich mein Kind besser verstehen? Erwarte ich zu viel? Was stimmt nicht zwischen uns? Was soll ich anders machen?

Das ist schon ein toller Schritt, denn ich ärgere mich nicht einfach über mein Kind, ich will es nicht irgendwie verändern, mit Methoden nach Lehrbuch o.ä., ich sehe es nicht als „falsch“ an. Nein: ich setze mich mit meinem Handeln auseinander, will mich besser informieren, um seine Signale genauer verstehen und beantworten zu können. Und wenn das gelingt, kann der Situation schon sehr viel geholfen sein.

Die Basis – was schon lange in uns Eltern wohnt

Aber manchmal fehlt auch ein weiterer, dritter Schritt: der Blick auf unser eigenes Bindungsverhalten, auf unbewusstes Tun und Signalisieren, auf unsere eigenen Zeichen, auf eventuelle Störungen sogar, Hilflosigkeit, auf die das Kind wiederum reagiert. Das ist unter Umständen ein tiefer, schwieriger Blick, den wir nur beschränkt alleine machen können und am besten mit (bindungstheoretisch und psychologisch) geschultem Fachpersonal unternehmen, der viel Arbeit bedeuten kann und oft auch viel Kraft kostet. Aber er ist lohnenswert!

Die Erkenntnis, dass unsere Kinder auch unsere Bedürfnisse spüren und versuchen, sie möglichst gut zu erfüllen, ist eine wichtige, manchmal auch schmerzvolle.

Zieht sich beispielsweise schon ein kleines Kind von uns zurück, obwohl es eigentlich helfende Hände bräuchte, spürt es vielleicht, dass wir nicht im Stande sind, ihm die Wurzeln zu geben, die es eigentlich sucht. Es wendet sich ab von uns – aber nicht wirklich um uns zu schützen (denn so ein Rückzug ist schon möglich weit bevor Kinder die Empathiefähigkeit voll entfaltet haben), sondern um sich selbst zu schützen – vor Zurückweisung.

Oder sucht es immer wieder unsere Nähe und Hilfe, obwohl es eigentlich mutig und neugierig in die Welt gehen möchte, so zeigen wir ihm vielleicht beständig Angst, Verunsicherung und Unwohlsein. Und das Kind hat auch hier gelernt, dass wir dann unangenehm, nervös oder wütend werden, wenn es anders agiert als nähesuchend, und schützt sich mit seinem Verhalten vor Unangenehmem, vor Verunsicherung.

Dies hat es dann jeweils gelernt im täglichen Umgang mit uns, und nimmt es mit in sein Leben, als Teil seiner Persönlichkeitsentwicklung – wenn wir Großen nicht daran arbeiten. Wir Erwachsenen müssen dann zunächst „gesunden“, sollten Traumatisierungen vorliegen, um bereit zu sein, mehr Feinfühligkeit zu erlernen und besser auf die kindlichen Bedürfnisse eingehen zu können.

Bindungsverhalten wirkt sich aus

Bindungsverhalten ist ein Generationenthema. Das macht es so relevant. Wer hier unklare Situationen erlebt, vielleicht immer wieder unklar getriggert wird und verunsichert ist, sollte sich Hilfe suchen. Für sich, seine Kinder, seine Enkel. Wer an sich arbeiten kann, kann den Kindern helfen, gar nicht erst zu erlernen, sich „ungesund“ zu verhalten, oder dabei helfen, eine nicht-sichere Bindung in eine sichere zu überführen. Man kann jederzeit starten (ein erster Schritt wäre vielleicht ein Blick auf diese Projekte)!