07 Mrz

Die Welt ist groß und ich bin klein

Irgendwann im ersten Lebensjahr fangen unsere Kinder damit an, sich immer mal wieder von uns weg zu bewegen. Zu anderen Dingen hin, auf andere Menschen zu. Und wieder zu uns zurück, um sich ein bisschen Sicherheit zu holen.

Je älter sie werden, desto größer wird der Radius, desto mutiger wird Ihr Tun. Mit Papa an der Hand, mit Mama hinter sich, alleine um die Ecke. Etwas ausprobieren, sich austesten, andere kontaktieren, um Hilfe bitten, etwas fragen.

Manche Kinder rennen fast los, andere machen es gemächlich, und wieder andere trauen sich kaum, denn sie sind eher ängstlich, schüchtern, vorsichtig.

Die ersten sind manchmal anstrengend, hört auch oft Kritik, aber meist amüsieren sie uns; ab und an müssen wir sie bremsen und zur Vorsicht anhalten. Die zweiten sind angenehm: nicht zu stürmisch, nicht zu zaghaft – nicht zu irgendwas.

Aber die letzte Gruppe wird immer wieder kritisch beäugt. Oft sind die zurückhaltenden Kinder ja angenehm – quatschen nicht dazwischen, wenn wir Großen reden, gehen nicht mit Fremden mit, nehmen sich nicht einfach irgendwas, reißen keine Schubladen auf oder sind unangenehm aufdringlich.

ABER! Aber sie zeigen ihre Vorsicht und brauchen ganz, ganz viel Mama und Papa. Eltern, die sie eng begleiten, sie unterstützen, anderen „übersetzen“, was ihr Kind meint und möchte.

HELIKOPTER!

Die Eltern werden dann gerne kritisiert: „Ihr macht zu viel, nehmt dem Kind zu viel ab!“ Die anderen würden es anders machen, besser natürlich: „Ich würde das nicht tun. Entweder schafft es das selbst, oder das fällt halt flach!“ Und dann kommen auch schon die guten Ratschläge: „Macht mal mehr Druck!!“

Oder die scheuen Kinder selbst werden direkt angesprochen: „Versteck Dich mal nicht!“, „Warum muss der Papa, das denn für Dich machen?!“ oder „Du bist wohl noch ein Baby!“

Warum wird das gemacht? – Weil andere meinen, sie wüssten es besser?! Sie müssten dem Kind zeigen, wie es richtig geht? Sie wüssten, dass das Kind in einem Alter ist, in dem es das alleine können müsste? Weil andere meinen, sie müssten den Eltern zeigen, was zu tun ist – den Eltern irgendwie helfen?

Weil andere sich nicht in Euer Kind einfühlen.

Das kann passieren. Nicht jeder geht ständig total empathisch durch die Welt. Unbewusstes Tun steckt in uns drin. Es muss nicht immer „böse“ gemeint sein. Doch okay ist es trotzdem nicht, denn:

Was passiert dann in den Kindern? – Sie werden sich in Frage gestellt fühlen. Vielleicht sogar schlecht gemacht. Vermutlich irgendwie falsch.

Beziehung

Es IST ein Unterschied, ob eine Bezugsperson wie Mama oder Papa beim Kind ansprechen, dass es sich hier oder da mehr zutrauen könnte (und mit ihm in Ruhe überlegen, wie das gehen könnte), oder ob das ein Fremder macht.

Wie fühlen wir uns, wenn uns ein Femder kritisiert? Auf der Straße, bei der Arbeit, in sozialen Netzwerken? Wir fühlen uns unter Umständen angegriffen, je nach Ton. Wir können es schwer annehmen; tendenziell eher nach längerem wertschätzenden Austausch. Und: wenn der Fremde einen Punkt berührt, der ein wunder Punkt bei uns ist, wird es ganz, ganz schwierig. Egal wie vorsichtig unser Gegenüber formuliert.

DAS ist es, was unsere Kinder dann fühlen: Kritik ganz ganz tief in ihnen drin, an ihrem Wesen, von einem Fremden, der keine Ahnung hat. Das ist übergriffg.

Ich wünsche mir, dass Ihr das sehen und Euer Kind in so einem Moment beschützen könnt. Dafür muss man nicht auch selbst unangenehm werden. Bleibt einfach dem Kind zugewandt und zur anderen Seite klar und bestimmt. Positiv.

Er versteckt sich nicht. Er beobachtet von einem sicheren Ort!

Sie kennt Sie nicht und braucht Unterstützung.

Wenn Sie weniger forsch sind, lernt mein Kind Sie sicher gerne kennen.

Druck hilft ihm nicht, danke. Wir machen das mit Zeit und Liebe!

Das stärkt Euer Kind am meisten und hilft dabei, dass es langsam, nach und nach, in seinem Tempo die Welt entdecken kann.

(Und es lernt auch noch, dass man mit seinen Mitmenschen achtsam umgehen kann, auch wenn diese selbst nicht gerade so wirken.)