26 Feb

Stefanie Höfler: „Helsin Apelsin und der Spinner“

Ihr habt es bestimmt schon bemerkt: Unser Vereinsmitglied Ulla ist unsere Kinderbuchfachfrau. Sie liest viel mit ihren beiden Töchtern und mag dabei besonders gerne Bücher, in denen sich alles um Gefühle dreht – egal welche. Hier berichtet sie Euch von einem Buch, in dem die Emotionen auch sehr im Mittelpunkt stehen und die Leser*innen sehr berühren! Es eignet sich für Kinder im Grundschulalter.

Unsere große Tochter ist gefühlsstark. Dies bringt immer wieder mit sich, dass sie das Gefühl hat anders zu sein als andere. Wir sprechen viel darüber, dass jeder Mensch anders ist und jeder unterschiedliche, einzigartige Stärken hat und ihre GefühlsSTÄRKE eben genau das ist. Dennoch tut es ihr gut zu sehen, dass es anderen Menschen ähnlich geht wie ihr und so bin ich immer auf der Suche nach Büchern, in denen Kinder vorkommen, sich ähnlich fühlen wie sie selbst. Manche dieser Bücher mag sie sehr, andere lehnt sie erstmal ab, wieder andere will sie gar nicht lesen.

„Helsin Apelsin“ (Beltz, 2020) ist eines von den Büchern, das wir beide sehr gerne mögen. Auch wenn wir es zwischendurch zur Seite legen mussten, da meine Tochter an einer Stelle so sehr mitfühlte, dass sie es nicht aushalten konnte.

Helsin ist eine Zweitklässlerin, die meist ein fröhliches Kind ist. Sie wurde in Helsinki geboren (daher der Name), als Baby adoptiert und lebt nun bei ihren Adoptiveltern in Deutschland. In Helsin steckt ganz viel Energie. Wie ein Flummi ist sie ständig in Bewegung. Mit ihren Fledermausohren hört sie jedes Geräusch. Manchmal sind es so viele Geräusche, dass sie einfach abschalten muss. Helsin steckt auch voller Gefühle und kann die Gefühle bei anderen besonders gut wahrnehmen, da sie die Welt und die Menschen um sich herum immer sehr genau beobachtet.

Die rote Welle kommt

Manchmal, wenn es Helsin zu viel wird oder ihre Gefühle sie überwältigen, wird Helsin von einer „roten Welle“ überrollt. Dann muss alles aus Helsin raus und in die Welt hinein. Was da passiert, nennen alle den „Spinner“. Ihre Eltern, ihre Lehrerin, die Kinder in ihrer Klasse und Helsins bester Freund Tom kennen das schon und haben gemeinsam mit Helsin gelernt, damit umzugehen. Aber dann kommt Louis neu in die Klasse. Er weiß nichts von Helsins Spinnern und nennt sie gleich am ersten Tag „Helsin, Apelsin, Apfelsine“. Sofort wird Helsin von einer roten Welle überrollt und Louis bekommt ihre Faust auf die Nase. Kein besonders guter Start für Louis und Helsin. Und es wird noch schlimmer. Louis versteht sich gut mit Helsins bestem Freund Tom, was Helsin rasend vor Eifersucht werden lässt. Als Louis dann heimlich seinen Fidschileguan in seiner Büchertasche mit in die Schule bringt, klaut Helsin ihn und versteckt ihn zuhause in ihrer Legoschublade unter dem Bett. Schnell plagt sie das schlechte Gewissen. Ihr Diebstahl und ihre Lügen, die daraus resultieren sind kaum auszuhalten. Für Helsin genauso wenig wie für meine Tochter. Erschwerend kommt dazu, dass Helsin und Louis sich durch ein gemeinsames Referat über Finnland und Schweden, wo Louis vorher gelebt hat, besser kennenlernen und Helsin feststellen muss, dass Louis eigentlich ganz nett ist.

Es bleibt aber dennoch spannend, denn nun ist Tom eifersüchtig auf die entstehende Freundschaft zwischen Louis und Helsin. Wie die Geschichte ausgeht und Helsin es schafft, ihre Spinner zu besiegen, verrate ich hier aber nicht!

Was das Buch schafft

Stefanie Höfler beschreibt Helsins Gefühlschaos mit einer sehr bildhaften Sprache, die viele Spielereien enthält. Da werden die Geräusche, die Helsins Fledermausohren hören und manchmal einfach nur zu viel sind, lautmalerisch ganz wunderbar beschrieben und die Gefühle, die Helsin durchlebt und bei ihren Mitmenschen wahrnimmt, kann man sich durch Ausdrücke wie „Sauer-Kirschen-Gesicht“ sehr bildlich vorstellen. Da macht das Lesen gleich nochmal mehr Spaß!

Und dann ist da in dem Buch diese Stelle, an der Helsin nach der Aufklärung aller Lügen „in Mamas Umarmung eintauchte, die weich und warm war und nach Wolle und nach Kuchen und nach Mama roch.“

Da hat mir meine Tochter das Buch aus der Hand genommen, ist in meine Umarmung getaucht und hat gesagt: „Du riechst so gut nach Mama und manchmal nach Wolle und auch oft nach Kuchen!“

Dann war meine Tochter dann sehr froh, dass wir doch weitergelesen haben. Sie hat nicht nur vieles von sich selbst in dem Buch wiedererkannt, sondern auch gesehen, wie Helsin all diese schwierigen, emotionalen Situationen gemeistert hat und dennoch von allen geliebt wurde, ganz egal, was sie angestellt hat! Eine ganz wichtige Botschaft  – nicht nur für gefühlsstarke Kinder.