25 Jun

Weg vom „damit aufhören“

Wenn unsere Kinder noch recht klein sind, vielleicht so um den ersten Geburtstag herum, fangen sie an, die Welt immer aktiver kennenlernen zu wollen. Ihre Mobilität wird größer und größer, und damit wächst auch die Möglichkeit, dass sie auf Gefahren treffen oder Dinge tun, die wir Großen aus anderen Gründen nicht gut heißen können.

In dem Alter und in der Zeit darauf ist uns oft klar, dass ein simples „Nein!“ nicht ausreichend ist. Die Kinder benötigen außerdem oft eine Begleitung, weil Wut, Frust oder Unsicherheit hochkommen, und ihnen hilft es, wenn sie von uns ein Alternativangebot bekommen. Das meint keine bloße Ablenkung, sondern wirklich ein Hinsehen: „Du möchtest so gerne an dem Stromkabeln herumknicken? Wir suchen Dir etwas ähnliches.“

Das gelingt nicht immer so einfach. Wenn der Plan im Kinderkopf sehr fest war, haben wir keine guten Chancen auf ein rasches Annehmen einer Alternative. Der Weg bleibt dennoch der richtige, und unsere Aufgabe ist dann natürlich umso mehr das Begleiten und Nähe sowie Sicherheit schenken.

Übergänge stressen

Dieser Weg, das Bedürfnis oder auch Interesse zu erkennen und andere Möglichkeiten hierzu aufzuzeigen, ist eine Aktivierung des Kindes: es bekommt nicht einfach gesagt „Lass das!“, sondern gezeigt, es ist willkommen und wird gesehen, es gibt andere Lösungen – „Ich versuche es mit Dir! Du darfst etwas tun!

Das ist ein wichtiger Punkt, den wir uns auch in anderen Momenten zu Nutze machen können. Denn viele Kinder spüren unser Grenzensetzen und gehen unbewusst in eine Abwehrhaltung. Für uns und unseren Blick gewinnen wir sie, indem wir ihnen Freiraum bzw. Handlungsmöglichkeit zurückgeben.

Das ist ein wichtiger Blick gerade in Bezug auf Übergänge, die fast allen Kindern für eine kurze oder auch recht lange Zeit schwer fallen. Aus dem Bett, aus dem Kinderzimmer, in die Kleidung, ins Bad, aus dem Haus, an den Esstisch, in den Garten, wieder rein… So wie wir es häufig leben und formulieren, bedeutet das für die Kinder ganz oft vor allem „Hör damit auf. Du musst jetzt was anderes tun!“ Da kann es von uns noch so liebevoll und wohlwollend ausgesprochen werden – das Kind wird oft nur sehen, dass sein Tun abgebrochen werden soll.

Aufgaben mit Sinn

Ein Weg, der helfen kann, ist es dem Kind nicht nur zu signalisieren, dass es für sein Tun ein Ende finden darf und vielleicht etwas aus der Situation mitnehmen kann – sondern auch ihm zu zeigen, dass es gebraucht wird, dazugehört. Formuliert nicht nur, womit es aufhören soll und wo es jetzt hingeht, sondern auch, was ansteht, welche Aufgabe das Kind dabei hat, wie es aktiv werden kann. Am besten mit einem Spielraum, je nach Alter, je nach Situation. Ein paar schlichte Beispiele, um den Dreh zu verstehen:

  • „Wir müssen einkaufen. Du könntest XY aussuchen fürs Mittagessen morgen oder im Blumenladen etwas für Oma zusammenstellen.“
  • „Wir müssen los. Du könntest für Deinen Bruder das Dreirad oder den kleinen Bollerwagen aus dem Schuppen holen und einmal abfegen.“
  • „Jetzt wird es Zeit. Du könntest Dir Kleidung aussuchen oder das Obst für die Brotdosen schneiden.“
  • „Unsere Freunde warten auf uns beim Picknick. Wenn wir ankommen, könntest Du Fotos machen oder allen einen Muffin anbieten.“

Nein, Eure Kinder werden dennoch nicht immer einfach fröhlich mitkommen. Aber vielleicht immer wieder ein bisschen öfter. Weil Kinder Kooperierer sind. Weil der Fokus weggeht vom „Hör auf!“ hin zum „Du wirst gebraucht!“

Ein kleiner Impuls, der Euch vielleicht hier und da den entscheidenen Stups gibt.

IH