„Die haste aber gut hingekriegt!“
„Die haste aber gut hingekriegt!“ – ein Satz, der erst einmal gefällt. Aber wann wird er zu einem Elternteil gesagt? Zum Beispiel nach dem gelungenen Schulabschluss eines Kindes, wenn die 5-jährige sich überschwänglich und mit gewählen Worten beim Opa für ein Geschenk bedankt, der 8-jährige ohne Aufforderung den Tisch abräumt, der 13-jährige eine Tanzperformance gezeigt hat… Jaaaa, da kann man stolz sein!
Kann man, darf man. Sich freuen. Übers Kind.
Aber ich sehe auch, dass das zum einen oft gesagt wird, wenn eine gesellschaftlich anerkannte Leistung gezeigt wird, oder aber wenn eine Anpassung an Konventionen erfolgt. Beides an sich ist auch erst einmal nicht Negatives. Vor allem wenn Leistung oder Anpassung nicht aus Druck und Zwang heraus erfolgt sind, sondern durch Empathie, Mitgefühl, Offenheit, Sicherheit oder aber auf Grund von gesunder Individuation – weil es immer schon so im Kind steckte.
Was genau piekst mich aber an dem Satz?
Dass das, was dem Satz vorausging manches Mal nur mit Zwängen möglich war. Da wurde die mittelmäßige Lernerin zur 1er-Studentin gepusht, und nur das Ergebnis zählt doch, oder?! Ihr fehlt doch nichts und sie ist dankbar für die Karrierechancen jetzt?!! Die Frage ist aber: Ist das wirklich so? Hat es nicht geschadet, wenn man genau hinschaut?
Heißt „Die haste aber gut hingekriegt!“ nicht ein ums andere Mal „gut gedrückt, verbogen, mit klarer Kante dazu bekommen“?
Das sind nur Gedanken, Impulse, um Sprache, Aussagen, Blicke zu überdenken. Oft ist es sicher auch anders.
„Es ist so schön, dein Kind zu sehen!“
„Die haste aber gut hingekriegt!“ bezieht sich allerdings einfach noch zu selten auf gelungene Ich-Werdung, finde ich. Eine begeiserte Rückmeldung ohne Blick auf Leistung und Anpassung! Wer sagt den Satz zu einem Elternteil, dessen schüchternes Kind ein schüchterner Erwachsener ist und sich damit gut eingerichtet hat? Wer sagt den Satz zu einem Elternteil, dessen impulsives Kind einfach ein sehr spontaner Erwachsener ist (weil es okay ist und tolerierbar; weil er nicht verbogen wurde)?
Und was piekst mich noch? Dass der Satz so nach Elternleistung klingt. Ja, das Erzieherverhalten, die von den Eltern geprägte Bindungsqualität – das ist relevant! Natürlich. Aber mit dem Satz wird dennoch das Kind vergessen und das Miteinander mit ihm. Nicht die Eltern haben es „gebacken“, diese und jene Zutat eingerührt um ein geplantes Produkt zu erhalten. Hoffe ich doch. Und das kann man sprachlich anerkennen.
Zum Elternteil: „Es ist so schön, dein Kind zu sehen!“ Zum Kind: „Es ist so schön, dich zu sehen.“, „Du gehst so einen guten Weg!“ oder „Toll, dass Du Deinen Weg gehen kannst!“ – das könnten Alternativen sein.
Nur ein Impuls. Schaut doch mal hin.