31 Mai

WindelFREI heißt vorausschauend wickeln

WindelFREI?! Das ist nichts für dich? Ja, es klingt im ersten Moment in manchen Ohren geradezu verrückt. Vielleicht magst du erst einmal genauer verstehen, was das eigentlich bedeutet, bevor du es möglicherweise ablehnst. Bindungsträumemitglied Janina Pohle nimmt dich mit in die windelfreie Welt. – Und ja: auch wenn du dich dagegen entscheidest, kannst du natürlich als Elternteil #gutgenug sein. Bindungsträume möchte dir ein Angebot vorstellen, kein schlechtes Gewissen machen.

„Jetzt macht er gerade Kacka“, sagt Ilse und lächelt mich dabei kompetent an. Mein Blick pendelt zwischen Ilse und dem kleinen Jasper hin und her, ich versuche die Szene zu verstehen. Das Café ist angenehm leer, die Morgensonne scheint, wir sitzen nahe dem Eingang der Toiletten. Jaspers Blick trifft Ilses Augen, aber er scheint durch sie hindurch zu sehen, oder tief in sich selbst hinein. Seine gut durchbluteten Bäckchen werden noch röter, die Konzentration steht ihm ins Gesicht geschrieben. Er drückt, dann atmet er tief. Das Stück Banane, das er eben noch genüsslich gegessen hatte, harrt jetzt geduldig in Jaspers zur Faust geballten Hand.

 

1977 stellten de Vries und de Vries in einer Studie mit Familien aus dem Volk der westafrikanischen Digo fest: Es sind soziokulturelle Faktoren, die bestimmen, wann ein Kind sauberwerden kann. Die Digo erreichen Tag- und Nacht-Trockenheit ab 5 oder 6 Monaten. Studien, wie die von Rugolotto in 2008 und jene von Duong in 2013, zeigen auf, dass 90% der Kinder signalisieren, wenn sie mal müssen; dass sie keine Verstopfung haben, relativ früh trocken sind (mit 17,5 Monaten tags und nachts), dass Windelfrei keine unerwünschten psychologischen Nebenwirkungen hat und auch im westlichen Setting adaptierbar ist.

 

 

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09 Aug

Was lange währt…

Schlafen war irgendwie schon lange so gar kein Thema mehr in unserer Familie, irgendwie aber halt doch. Wir legten uns abends zu dritt ins Bett, ein Mildikind links im Arm, das andere rechts, und dann schliefen beide in Nullkommanix ein und die ganze Nacht durch. Im Grunde hatte das hier niemanden gestört, wenn sie nicht schon „so groß“ wären. Da will man dann eben auch mal bei seiner Freundin übernachten und bisher hatte das zumindest bei der Kleinen noch nie geklappt. Ohne Hardcorekuscheln mit maximalem Körpereinsatz meinerseits war an Einschlafen nicht zu denken und jeder gescheiterte Versuch von vielen Tränen begleitet.

Das sollte sich jetzt ändern. Das Mildimädchen wollte das schaffen, wollte so sein wie die anderen, wollte endlich mit weniger Mama auskommen. Gar nicht so einfach, wenn man so gefühlsstark und sensibel ist und eben einfach ganz viel Mama braucht!

Wie das bei mir damals genau war, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich nur noch ans alleine Einschlafen erinnern und wie doof ich das als Kind fand. Wie ich nachts, wenn ich aufwachte, meine Decke mitnahm und mich neben das Bett meiner Mutter legte, um wenigstens in ihrer Nähe zu sein. In ihr Bett zu klettern habe ich mich nicht getraut. Schlafen bedeutete für mich Einsamkeit und ganz viele Ängste und nicht das zu bekommen, was ich gebraucht hätte. Für meine Kinder soll das so nicht sein.

Wir gingen deshalb in ganz kleinen Schritten vor. Jeden Abend ein bisschen weniger Mama. Erst blieb ich nur noch direkt neben ihr liegen, dann rutschte ich immer weiter weg, bis ich schließlich am Bettrand saß bis sie eingeschlafen war. Das ging problemlos. Schwieriger war die nächste Stufe, nämlich auf dem Stuhl neben dem Bett zu sitzen. Für sie war damit die Distanz zu groß, aber schaffen wollte sie es unbedingt. Irgendwann stand der Stuhl neben der Tür und sie konnte mich weder sehen noch atmen hören. Da erzählte ich ihr vom Dosentelefon, das wir in meiner Kindheit mal gebaut hatten (und das nie wirklich funktionierte, aber psssssst!). An jedes Ende einer langen Schnur wurde eine Dose geknotet und beim Reinsprechen der Schall übertragen und man konnte miteinander reden. Die Idee fand sie cool und weil sie ja aber schlafen und sich nicht unterhalten wollte, entstand die Idee der „Bindungsschnur“. Ein Wollfaden, der unsere Bindung symbolisierte, war die Lösung! Ein Ende band sie sich ums Handgelenk, das andere hielt ich in der Hand und so blieben wir in Verbindung. Schließlich konnte ich sogar meinen Kram in der Küche erledigen, während das Mildimädchen alleine einschlief. Nur dass die Schnur während dessen ans Regal geknotet und nicht in meiner Hand war, erzähle ich ihr (vorerst) lieber nicht.

Gestern war es dann so weit. Wir sind wieder mal im Allgäu bei unseren Freunden und diesmal nahm sie sich fest vor, es durchzuziehen und nicht mit mir im Gästezimmer zu übernachten. Und weil eine Schnur quer durchs ganze Haus ziemlich unpraktisch ist, setzte ich mich vorher noch an die Nähmaschine. Ein Herz, gefüllt mit Watte und Mamaliebe, ist jetzt ihr Schlafbegleiter und sie nahm es mutig mit ins Bett. Und was soll ich sagen? Sie hat es geschafft! Die erste Nachthälfte hat sie bei ihrer Freundin geschlafen und kam dann sehr geknickt zu mir ins Bett gekrabbelt. Sie war traurig, weil es nicht gleich die ganze Nacht geklappt hat. Aber hey, das ist doch egal! Es ist ein Riesenerfolg, ein Meilenstein, und ich bin irre stolz auf mein großes Mädchen! Das kann sie inzwischen auch so sehen und wagt es diese Nacht gleich nochmal.
Ohne Tränen, ohne Angst, dafür mit Geduld, mit Verbundenheit, mit ein bisschen Schubsen an der richtigen Stelle und mit einem Stück Schnur haben wir das gemeinsam hinbekommen.

07 Mrz

Die Welt ist groß und ich bin klein

Irgendwann im ersten Lebensjahr fangen unsere Kinder damit an, sich immer mal wieder von uns weg zu bewegen. Zu anderen Dingen hin, auf andere Menschen zu. Und wieder zu uns zurück, um sich ein bisschen Sicherheit zu holen.

Je älter sie werden, desto größer wird der Radius, desto mutiger wird Ihr Tun. Mit Papa an der Hand, mit Mama hinter sich, alleine um die Ecke. Etwas ausprobieren, sich austesten, andere kontaktieren, um Hilfe bitten, etwas fragen.

Manche Kinder rennen fast los, andere machen es gemächlich, und wieder andere trauen sich kaum, denn sie sind eher ängstlich, schüchtern, vorsichtig.

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28 Jan

„Einkaufen OHNE Kinder ist meine Wellness-Zeit!“

„Ich war ohne Kinder im Supermarkt. Das war nach dem langen Tag mit ihnen zu Hause echt meine Oase! Ich hab extra langsam gemacht. Und mir teure Pralinen gegönnt – gleich auf dem Parkplatz!“

„Mit Kindern ist Einkaufen so stressig! Man will schnell machen, aber wird ständig unterbrochen und muss sich kümmern.“

Solche Sätze kennt Ihr bestimmt und das Gefühl dahinter auch. Das geht mir selbst nicht anders. Lange Tage alleine mit einem oder mehreren Kindern, die vielleicht schon um 5 Uhr aufgewacht sind und schon um 11 Uhr keine Lust mehr auf gar nichts hatten, fressen einen emotional an, und man ist froh über Unterstützung oder am besten Ablsöung. Total gerechtfertigt! Da wird der Einkauf zum Urlaub, der Arztbesuch zum Wochenendtrip-Ersatz, der Weg zum Briefkasten zur Wellnesszeit (und der Toilettengang zum Spa…).

Heute sah ich im Supermarkt aber eine Szene, mit der ich in Erinnerung rufen möchte, dass wir nicht nur Wellness-Lebensmittel-Shopping anpeilen oder uns über stressiges Großfamilieneinkaufen ärgern sollten, sondern hin und wieder Einkäufe MIT Kindern gut und wichtig sind.

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08 Aug

Selbständigwerden braucht ES SELBST TUN. Immer wieder.

HERZ▪IN▪FARKT

Zweimal habe ich heute gedacht, mein Herz bleibt stehen. Weil ich mit den Kindern auf einer Radtour war und der Jüngste vollkommen unerwartete Entscheidungen traf in deren Folge ich ihn jedes Mal quasi vom Kühlergrill eines Autos wegbrüllen musste. Puh! Was macht man da?

Aufstampfen und schimpfen? Entscheiden, dass nicht mehr geradelt wird, sondern nächstes Mal alle ins Auto steigen oder der Bus zu benutzen ist? Eine kräftige Strafe überlegen – schließlich hatte ich doch gesagt: „Anhalten, Fuß auf den Boden, ich sage wenn frei ist!“?

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01 Nov

Die Schule und die starken Kinder

Beim Einkauf in unserem kleinen Mühlenladen fragt mich die Müllerin, ob ich ein wenig Zeit mitgebracht hätte. Dann würde sie mir noch eine Brotmischung fertigmahlen können. Ich bejahe das mit der Aussage: „Das ist kein Problem. Wir haben ja Ferien. Da ist alles ganz stressfrei.“ Ein Fremder, der hinter mir wartet, grätscht ins Gespräch: „Die Ferien sind bei Ihnen entspannt? Wie haben Sie das denn hinbekommen?“ Die Verkäuferin entgegnet über meinen Kopf hinweg: „Erziehung!“, aber ich erkläre: „Also eigentlich sind alle nur froh, dass keine Schule ist. Sie spielen vorm Ofen mit Playmobil und genießen den Schlafanzugtag.“

Eigentlich kommen meine Kinder sehr gut mit der Schule zurecht und gehen auch nicht ungerne hin. Und trotzdem sind sie froh, dem System in den Ferien kurz zu entkommen. Wie jeder Arbeitnehmer wohl auch. Und trotzdem ist es etwas anderes: die Schule, die ersten Lebensjahre, wo die Welt uns offensteht, wir sie entdecken können, wir auch richtig Lernlust und Neugier haben, können wir nicht so frei wählen, wie es später im Berufsleben möglich sein kann. Klar gibt es auch dann noch viele, die in einem Job stecken, der sie auffrisst, aber es liegt in unserer Eigenverantwortung und unserem Antrieb, daran etwas zu ändern, wenn die äußeren Umstände nicht absolut dagegensprechen.

In der Schule sind wir ziemlich festgelegt auf das bestehende System in unserem Land. Natürlich gibt es unterschiedliche Schulen, aber doch viele Vorgaben – und viele „Gewohnheiten“. Ich finde die Schulpflicht hierzulande richtig und wichtig, aber ich freue mich, dass da auch etwas passiert:

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20 Okt

Gastbeitrag: Frau Kleinkind geht ihren Weg

Immer wieder erleben wir Bindungsträumer Eltern, die unsicher sind auf ihrem bindungs- und beziehungsorientierten Weg. Weil das manchmal einfach hochkommt, weil der Weg so ein Probieren und schritteweises Tasten ist, weil ihr Umfeld sie verunsichert und ihnen „Schuld“ gibt für Verhaltensweisen ihrer Kiner, die gesellschaftlich teilweise nicht so erwünscht sind o.ä. Diese Eltern brauchen Rückenstärkung, die sie sich auf ganz unterschiedliche Weise suchen, die ihnen manchmal sogar einfach nur die Kinder selbst geben, und gehen ihren Weg dann relativ unbeirrt weiter, mit breitem Kreuz und großem Herz.

Eine Mutter, die auch manchmal verunsichert wurde und war, erzählt Euch von einem Erlebnis, das sie – mal wieder – in ihrem Weg bestärkt hat:

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26 Mai

Streitlösen für Kinder – wie denn?

Ich stand vor dem Badezimmerspiegel und putzte mir die Zähne, als der Älteste aus der Kinderetage nach unten kam und lospolterte: sein Drache sei weg und ohne den könne man das dazugehörige Gesellschaftsspiel nicht spielen! Immer würden die beiden kleineren Geschwister Teile aus Spielkartons entnehmen und damit etwas anderes machen, ohne sie zurückzuräumen. Sie müssten das jetzt suchen, los! Das ginge so nicht weiter, verdammt noch mal – und……hier noch drei Schimpfwörter hindenken!

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31 Mrz

Alles selbstbestimmte Tyrannen!

Während ich in eine dicke Wolldecke gewickelt an einem sonnigen, aber echt kalten Tag im Park neben unserem Picknickkorb sitze und die Blicke der anderen Erwachsenen zwischen Entrüstung, Belustigung und Neid schwanken, hat unser jüngstes Kind eben für eine Viertelstunde keine Schuhe getragen. Bei weniger als 10° und noch kühem Boden. Er wollte es ausprobieren: barfuß den Sand fühlen, klettern, die Rutsche hochlaufen, die Sonne austesten. Dann war es ihm doch zu kalt, er zog Socken und Schuhe wieder an und sauste erneut zum Spielen los.

Macht ihn sowas wohl mal zu einem Tyrannen? Weil ich nicht sage, wie der Hase läuft – wie „man“ es macht? Weil ich ihm nicht meinen Weg aus Decke, Stiefeln und Daunenjacke aufdrücke?

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