30 Aug

Gefühlschaos mit sensiblen Kindern – Sortierhilfe gefällig?

Unser Vereinsmitglied Denise Piecha, Fachfrau für besonders sensible und feinfühlige Kinder, zeigt euch, wie ihr mit eurem Kind die Vielzahl von Gefühlen ordnen und Knoten lösen könnt.

Kennst du diese Gewitterwolken, die plötzlich auf eurem sonnigen Familienhimmel aufziehen und immer bedrohlicher werden? So, dass bald alles von ihnen bedeckt ist und die Blitze durch die aufgeladenen Luft zucken? Immer wieder an den Wochenende (oder auch im Urlaub) gibt und gab es diese Tage. Alle waren zusammen, die Welt war eigentlich schön und harmonisch, die Pläne für den Tag standen und sobald alle gemeinsam am Tisch sitzen, geht es los.

Naja, gut, ich muss zugeben, dass ich meist der Startpunkt war, der die Luft verpestet hat und mit aller Macht versucht hat das an niemandem auszulassen. Leider schaffe ich das nicht immer und mein Mann fängt die ersten Blitze ein. Aber ich glaube, dass du weißt was ich meine.

Zu viele Reize, zu viele Bedürfnisse, zu viele Gedanken, zu viel Erwartungen, zu viele To-DOs… Ich konnte bis 10 zählen und mindestens ein Kind spürte diese Anspannung – ohne mein motziges Zutun – und fing an zu stänkern. Meist eine Verweigerung, Gemotze, Ablehnen, Nichts-passt… Ich bin der Meinung, dass diese heftige Übertragung der Gefühle auf einen anderen Menschen, der diese spürt und ggf. für sich aufnimmt (je mach Alter) macht ein sensibles Familienleben meist höchst explosiv.

Heute mag ich dich mitnehmen und dir Möglichkeiten für dein Kind an die Hand geben, dass es lernen kann seine Gefühle wahrzunehmen, zu spüren und auch benennen zu können. Denn in meinen Augen ist dies die Grundlage, um sich von den Gefühlen anderer anzugrenzen und diese nicht für sich aufzunehmen.

⚠️ Hinweis: Kleine Kinder besitzen die kognitive Fähigkeit noch nicht sich von den Gefühlen ihrer Lieblingsmenschen abzugrenzen. Sie nehmen sie schnell als die eigenen auf oder fühlen sich gar Schuld dran. Erst ab einem Alter von 6 Jahren kann das bewusst passieren!⚠️

Nichts desto trotz ist das Gespräche führen und auseinander dividieren von Gefühlen in jedem Alter sinnvoll und führt immer zu dem Ziel sich und seine Gefühle besser kennen zu lernen. Deshalb geht es heute um:

1. Gefühle wahrnehmen

2. über Gefühle sprechen und

3. sie zu differenzieren

 

Gefühle sind bunt wie die Blumen

 

Gefühle wahrnehmen

Der erste Schritt beginnt für jedes Kind damit, wenn es rund um Ein Jahr alt ist und in die Autonomiephase eintaucht, dass es feststellt: „Ich bin ein einzelner Mensch mit eigenem Willen, eigenen Gefühlen und stehe nicht im Einklang mit meiner Mama.“

Ufff… ich finde immer, das klingt echt heftig, oder? In dieser Zeit macht es immer Sinn jegliche Gefühle verstehen zu versuchen, sie zu benenn und ihnen somit einen Raum zu geben. (Ich meine wirklich alle Gefühle, auch die guten) So lernt dein Kind fürs erste welches Gefühl wie an die Oberfläche kommt, kann dann mit dir Strategien lernen damit umzugehen, um dann zu lernen wie es seine von den anderen unterscheidet.

Ich hab dir da eine ganz praktische und einfache Idee für den Anfang mitgebracht.
Differenziere zu beginn nicht zu stark. Ich meine: nimm die basalen Gefühle wie
Freude, Wut, Angst und Traurigkeit. Mit dieser einfachen Differenzierung müsste dein Kind zu Beginn erstmal gut zurecht kommen.
Bei kleinen Kindern macht es sinn nicht nach dem Gefühl sondern Vorrang nach dem Körperempfinden passend dazu zu fragen oder es gar in Bilder zu wandeln. „Wann kamen dir heute die Tränen?“
„Worüber musstest du richtig lachen?“
„Was hat die Wut in deinen Bauch gebracht?“

 

 

Mit größeren Kindern kannst du ein Gefühlebarometer einführen.
Darauf werden die Gefühle wie auf einem Thermometer von heiter bis gewittrig aufgetragen.
Du kannst so etwas recht einfach aus Pappe basteln:
Unten Gewitter über Regen, Nebel, Sonne-Wolken-Mix bis hin zu strahlendem Sonnenschein.Dein Kind darf mit einer Wäscheklammer auf diesem Barometer seine Stimmung einschätzen.(Dieses Barometer könnt ihr mehrfach am Tag nutzen : nach der Schule oder einem Besuch,
oder nur zu einer Zeit um darüber ggf. ins Gespräch zu kommen)
So oder so ähnlich schaffst du dem Kind Zugang zu seinen Gefühlen.Und dann kannst du mit diesem grundlegenden Spüren zum nächsten Schritt übergehen.

 

Über Gefühle sprechen

Es gibt natürlich gar unterschiedliche Möglichkeiten mit Kindern über Gefühle zu sprechen: Karten, Fotos, Bücher…sind gute Anlässe. Ich persönlich mag es am liebsten mit Büchern und so möchte ich heute heute eines meiner liebsten Bücher zu dem Thema vorstellen und euch Möglichkeiten mit an die Hand geben wie ihr damit die Gefühle benennen und sortieren könnt.

BUCH: „Das Farbenmonster“

Dieses Buch zeigt auf den schön gestalteten Seiten unterschiedliche Gefühle, die dieses kleine Monster durchlebt. Es ist sehr verwirrt zu Beginn und kunterbunt ist sein Fell. Es bekommt dann die Aufgabe seine Gefühle wieder in kleine Gläser zu sortieren. Das Pop-Up-Buch ist super interaktiv und schön gestaltet. Die Texte sind einfach gehalten für kleinere Kinder und können bei älteren Kinder mit Fragen und Erfahrungsaustausch gefüllt werden. (Mal ein Buch wo ich nichts umformulieren musste. 😂)

Dieses Buch bietet einen tollen einstieg in Das Thema Gefühle. In der Weiterführung kannst du deinem Kind Fragen stellen:

  • „Wann hast du dich das letzte Mal so gefühlt?“
  • „Kennst du dieses Gefühl?“
  • „Ging es dir heute auch schon so?“
  • „Wo fühlt du dieses Gefühl…?“

 

Abgrenzung üben

Es kann sein, dass dein Kind nun ganz von sich aus besser die eigenen Gefühle von den anderen abgrenzen kann. Außerdem kannst du mit deinem Kind gemeinsam darüber sprechen. Grade, wenn du das Gefühl hast, dass dein Kind mit dir mitschwingt ist es immer gut sprachlich einen Unterschied zu machen.

  • „Ich bin grade wirklich sauer, damit hast du nicht zu tun. Spiele ruhig fröhlich weiter.“
  • „Ich finde diese Situation grade sehr anstrengend, damit hast du aber nichts zu tun.“
  • Oder auch: „Das sind grade meine Gefühle. Schau, die sitzen hier drin!“ Hand auf die eigenen Brust legen.
  • „Wo sind denn deine Gefühle?“

Auch wenn Kinder im jungen Alter Abgrenzung noch nicht schaffen, so lernen sie es peu a peu.

Über diese 3 Schritte wirst du merken, dass dein Kind immer mehr und besser seine Gefühle erkennen kann. Oder kann es dein Kind sogar schon?