18 Mai

Attachment Parenting im privaten und beruflichen Alltag – ein Interview mit Kira Schlesinger und Kathrin Borghoff

Im Rahmen unserer Blogkategorie „Was ist AP (für Dich)?“ spüren wir dem Begriff Attachment Parenting nach – und zwar möglichst praktisch. Was bedeutet er Menschen, was passiert wirklich in ihrem Alltag, was macht er aus in ihrem Leben, in ihrer Haltung den Kindern gegenüber, in der familiären Atmosphäre? Was passiert aber vielleicht auch, wenn die Menschen mehr wollen: AP bekannter machen, in die Welt hinaustragen, damit noch mehr Familien davon profitieren, was sie erleben, spüren?


Wir haben Kira Schlesinger und Kathrin Borghoff getroffen. Beide sind Mitglieder im Verein Bindungs(t)räume, beide sind Herzblut-AP-ler und beide haben gemeinsam die FEBuB erschaffen! Das ist die erste Familienkonferenz für Elternschaft, Bindung und Beziehung in der Mitte von Deutschland, nämlich in Bochum. Sie wird am 18. und 19. November 2017 Premiere haben und so großartige Referenten wie Nora Imlau, Herbert Renz-Polster, Susanne Mierau, Katja Seide und André Stern zusammenführen sowie spannende Aussteller bieten und richtet sich genauso an Fachpublikum wie auch an Familien.

Kathrin und Kira haben uns Rede und Antwort gestanden, damit Ihr als Leser unseres Blogs sie und ihren Blick auf Attachment Parenting näher kennenlernen könnt, etwas über ihren Weg zueinander erfahrt sowie über das Entstehen Ihres neuen „Babys“, der FEBuB.

 

  • Was macht Attachment Parenting für Euch im Alltag mit Euren kleinen und großen Kindern aus?

Kathrin: Für mich ist das ganz klar eine Haltung, meinen Kindern aber auch Mitmenschen gegenüber. Für mich als Mutter leiten nicht übergeordnete Erziehungsziele mein Tun und Denken im Umgang mit meinen Kindern, sondern Gleichwürdigkeit und unsere Bindung / Beziehung zueinander. Dementsprechend begegne ich ihnen eben auch. Es gibt hier schon lange keinen “man”, nur wenige “muss” und dafür ganz viel “wir kriegen das schon irgendwie hin”. Ich lebe meinen Kindern vor, anstatt sie zu lenken und ich stehe ihnen bei, begleite sie viel mehr, als dass ich vorschreibe.

Kira: Die (sichere) Bindung an nahe Bezugspersonen ist ebenso ein Grundbedürfnis wie das nach Nahrung, körperlicher Unversehrtheit oder Wasser. Attachment Parenting bedeutet für mich demnach vor allen Dingen die Bedürfnisse meines Kindes zu befriedigen und ihm einen geborgenen Rahmen zu bieten, in dem es sich entwickeln und wachsen kann. Darüber hinaus ist es aber auch eine innere Haltung gegenüber Kindern (meinem und allen anderen gegenüber), sie als vollwertige Menschen zu sehen, die zwar  noch nicht alles wissen, aber dennoch achtsam und wertschätzend begleitet werden können. In unserer Familie wird ein achtsamer und liebevoller Umgang vorgelebt – und unser Kind hat dies ganz automatisch für sich und im Umgang mit anderen übernommen.

 

  • Habt Ihr Eure Kindheit selbst ähnlich erlebt?

Kira: Der Grundsatz meines Vaters war: Mit Liebe und Konsequenz. Das bedeutet, ich habe viel Liebe bekommen – wurde aber für Verhalten, welches nicht erwünscht war, auch bestraft. Dies beispielsweise in Form von wegschicken in mein Zimmer oder durch Liebesentzug (dann wurde einige Zeit nicht mit mir gesprochen). Ich habe sehr viel Therapie und Selbsterfahrung hinter mir – so dass ich heute an einem vollkommen anderen Punkt stehe als noch vor 10 Jahren. Außerdem ist es wunderbar, dass meine Eltern beide sehr offen sind, so dass wir diese Themen heute gut besprochen und bearbeitet haben.

 

  • Wie habt Ihr beide zueinander gefunden?

Kathrin: Ich hab Ende Oktober letzten Jahres eine Karte für den Kölner GeburtsTag bei einem Gewinnspiel auf Kiras FB-Seite gewonnen und dann haben wir uns dort getroffen und den Tag gemeinsam in den Vorträgen gesessen. Ich mochte sie irgendwie von Anfang an, weil sie sehr souverän und “bei sich” rüber kommt – da springe ich immer drauf an. 😉 Ich hab‘ das Event als gelernte Eventmanagerin betrachtet und gedacht “Mensch, du könntest doch deinen alten mit deinem neuen Job verbinden und sowas auch machen – nur nicht allein!” Und dann habe ich mich wenige Wochen später getraut und Kira gefragt, ob sie mit einsteigt. Sie hat direkt zugesagt. Und heute stehen wir hier und planen eine Konferenz mit 400 Besuchern!

 

  • Welche Rolle spielt Attachment Parenting für Euch beruflich?

Kira: Ich bin durch mein Studium auf die Bindungsfoschung gestoßen. Ich habe damals viele Fortbildungen bei Karl Heinz Brisch besucht und mir wurde klar, dass ich dies in meiner Arbeit mit Eltern umsetzen möchte. Nur durch Bewusstwerdung können Veränderungen dauerhaft im täglichen Verhalten verankert werden. Dabei unterstütze ich (werdende) Eltern.

 

  • Wie erlebt Ihr die AP-Community in Blogs, Gruppen, Foren usw.? Wie habt Ihr selbst begonnen, Euch dort zu engagieren?

Kathrin: Ich hab‘ erst eine ganze Weile mitgelesen, bis ich mich selbst zu Wort gemeldet hab‘. Ich habe immer schon wahnsinnig gern geschrieben aber mich vieles auch nicht getraut. Irgendwann dann aber schon. Und im Zuge des Bloggens habe ich mich eben auch auf allen möglichen sozialen Kanälen engagiert: Facebook, Twitter, Instagram und sowas. Ich finde ganz ehrlich, dass dort überall anders mit der Thematik umgegangen wird und dass man dort auch einen ganz guten Querschnitt unserer Gesellschaft ziehen kann und sehen kann, wo wir noch mehr Arbeit zu tun haben. Aktuell empfinde ich die AP-Community noch oft als genauso unsicher mit ihrem Weg und ihren Entscheidungen, wie auch oftmals zu drastisch. Dabei kann man AP nicht nutzen wie eine Methode oder ein Rezept, in meinen Augen. Wir müssen immer die Familie als kleines System betrachten und flexible Wege suchen. Mir fehlt das in der Internetlandschaft schon noch manchmal.

Kira: Mir ist es wichtig, die Menschen dort abzuholen wo sie stehen. Ich erlebe viele Gruppen bei Facebook als sehr dogmatisch. Ich finde es unheimlich wichtig, diesen “liebevollen Gedanken” unseren Kindern gegenüber in die Welt zu tragen – aber wir sind alle mehr oder weniger erzogen worden und haben diese alten Glaubenssätze unserer Eltern übernommen. Wir können immer nur in unseren eigenen Schuhen gehen und wissen niemals, wie es sich in denen anderer Menschen anfühlt. Ich denke, dass in den letzten Jahren bereits viel passiert ist und wirklich viele Eltern bereit sind umzudenken. Aber wir können immer wieder nur anbieten – die entsprechenden Schritte muss jeder selbst gehen. Wichtig ist halt, dass AP immer präsenter im Mainstream wird und das ist ja auch der Grund für unsere FEBuB.

 

  • Wie ist die Idee zur FEBuB entstanden?

Kathrin: Also, ich bin gelernte Eventmanagerin und IHK-geprüfte Veranstaltungsfachwirtin, aber seit der Geburt meines zweiten Kindes war klar, dass ich das nicht mehr im Angestellten-Verhältnis würde machen wollen. Ich habe mich zunächst als FamilySteps Kursleiterin und Bloggerin selbstständig gemacht und dann ja wie gesagt Ende Oktober 2016 die Idee gehabt, den alten und den neuen Job zu kombinieren. Ich wollte eigentlich mit etwas Kleinem, Unaufgeregten starten, aber Kira ist durch und durch engagiert für das Thema und hat schon bei der Konzeptionierung die Weichen neu gestellt. Dafür bin ich ihr jetzt sehr dankbar, denn was daraus entstanden ist, ist einfach nur ein Traum. 🙂

 

  • Wie sind die Kontakte zu all den großartigen Referenten zu Stande gekommen?

Kathrin: Bei uns im Team macht Kira die fachliche Komponente, also Recherche und die Vorschläge. Ich stehe mit einigen der Referentinnen auf Twitter in gutem Kontakt, Carmen ist eine gute Freundin, Nadine & Bianca meine FamilySteps-Chefinnen… Also ganz unterschiedlich.

Kira: Durch meine Arbeit kenne  ich mich in der “AP-Szene” natürlich ganz gut aus und hatte sofort einige Ideen, wen wir als Referenten anfragen könnten. Das Tolle war: Es haben fast alle sofort zugesagt, weil das Konzept einfach vielversprechend ist und letztendlich alle dasselbe wollen: Einen bedürfnisorientierten und liebevollen Umgang mit unseren Kindern in die Welt tragen!

 

  • Was waren bislang die spannendsten Rückmeldungen, Fragen, Anregungen der angehenden Teilnehmer?

Kira: Eigentlich haben wir bisher nur Begeisterung und Vorfreude seitens der potentiellen Teilnehmer vernommen. Es ist wunderbar zu lesen und zu hören, wie erfreut die meisten sind, dass so eine tolle Konferenz nun auch endlich ins Ruhrgebiet kommt. Wir sind dafür sehr dankbar und natürlich hoch engagiert, ein tolles Angebot für die Teilnehmer zusammenzustellen.

Kathrin: Ja, genau. Die Reaktionen waren echt großartig! Für die Fragen, die wir erhalten haben oder die vermutlich noch kommen, sammeln und erstellen wir gerade die FAQ. Die gibt’s dann bald auf unserer Website: www.febub.de

 

Mehr über Kira:

Kira bei Bindungsträume

Mehr über Kathrin:

Kahrins Blog

 

2 Gedanken zu „Attachment Parenting im privaten und beruflichen Alltag – ein Interview mit Kira Schlesinger und Kathrin Borghoff

  1. Ich freue mich so sehr auf die FEBuB! Und ich bin immer froh, wenn diese unaufgeregte, achtsame AP-Stimme in die Welt getragen wird. Ich zucke oft zusammen, wenn ich lese, wie schroff und dogmatisch einige miteinander umgehen. Dabei geht es doch darum, jeden Samen zart zu gießen und alle Eltern in jedem Schritt Richtung Bindung und Wertschätzung zu bestärken. Ihr seid toll! Liebe Grüße Julia
    • Wir freuen uns auch sehr darauf, mit einem Stand dort vertreten zu sein. Das wird ein spannendes Wochenende! Und ganz lieben Dank für Deine herzlichen Zeilen. Inke

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