Du sollst das Kind nicht vor dem Abend loben! – Nicht?!
Loben und Belohnen zu vermeiden ist einer der Allgemeinpläze, die mir immer wieder in der Zusammenarbeit mit bedachten, bindungsorientierten Eltern begegnen. Anders als das konsequente Vermeiden von Strafen lässt sich Belohnen aber differenzierter sehen.
Wie im Text „Belohnungssysteme gegen Wutausbrüche – Deckel drauf und gut?“ erklärt, ist das Ausloben von Lohn im Vorfeld und in Bezug auf einen Vorgang, den ein Kind gar nicht beherrschen kann und sollte, durchaus kritisch zu betrachten: beispielsweise setzt es unter Druck ein Eis o.ä. zu versprechen, wenn ein Kind den ganzen Tag lang nicht wütend wird, nicht haut, keinen Geschwisterstreit anfängt, nicht weint! Das kann und sollte nie ein Ziel sein in den ersten Jahren der emotionalen Entwicklung.
Es ist gerade wichtig, dass die Kinder diese Situationen erleben – als Entwicklungschancen. Es ist bedeutsam, dass wir sie hindurch begleiten, mit ihnen gemeinsam Lösungen finden, dass sie mit unserer Hilfe Strategien entwickeln für den Umgang mit Ereignissen, die sie gefühlsmäßig aus der Bahn werfen.
Ihnen Belohnungen zu versprechen für vordergündig erscheinendes Kooperieren macht ihnen Druck, zwingt die Kinder, natürliche Verhaltensweisen, die sie noch nicht alleine händeln können, nicht anders kanalisieren können, wegzupacken, zu unterdrücken. Das wäre nicht gesund. Das kann nicht unser Weg sein! (Und es würde auch bei uns Großen zu Frust führen, weil es ständig misslingt.)
Wo hilft eine Belohnung?
Anders ist es aber, wenn unsere Kinder etwas eigentlich können, aber die intrinsische Motivation nicht immer abrufbar ist. Dann halte ich es durchaus für in Ordnung und fürs Kind gewinnbringend, mal zu belohnen und zu loben – so wie wir uns selbst auch etwas Gutes tun nach einer anstrengenden Wanderung, einer harten Arbeitswoche, einem langen, stressigen Tag, an dem wir lauter Sachen geschafft haben, die uns Kraft kosteten.
Entweder können wir dann manchmal im Vorfeld darüber sprechen und einen Anreiz bieten: den Impfpieks überstehen, den Zahnarztbesuch aushalten, die Schulanmeldung hinter sich bringen, die ein mulmiges Gefühl macht, die Klavierstunde absolvieren, die immer Spaß macht aber heute irgendwie nicht in die Laune passt…und dann zum tollen Spielplatz düsen, ins Kino gehen, Zeit zum langen Vorlesen einbauen oder oder oder. Und aussprechen, was so toll war und warum!
Wichtig hierbei ist, dass wir uns einfühlen und spüren, dass da nur ein innerer Schweinehund ist, der ein wenig im Weg steht, aber kein Nichtkönnen; vielleicht geht es um Sicherheit oder Gesundheit oder vielleicht haben wir beim Inbeziehunggehen auch erkannt, dass unser Kind sich selbst im Weg steht und einen liebevollen Schubs und unsere Unterstützung braucht, um bald wieder eigenständig seinen Weg zu gehen. (Mehr zum Blick auf Entscheidungshilfe, Unterstützung oder nicht u.ä. findest Du hier.)
Belohnung ist auch, sich etwas Gutes zu tun!
Oder wir reagieren erst im Nachhinein: wenn unser Kind einen harten Weg gegangen ist, aus sich heraus, der Kraft gekostet hat, aber sich danach gut anfühlt, warum sollen wir dann nicht reagieren wie auch bei uns selbst oft genug – was unsere Freunde dann sogar begeistert wahrnehmen?! „Du hast XY überstanden? Ja, dann gönn Dir mal was! Nimm Dir mal Zeit für Dich! Mach was Besonderes! Natürlich!!“
Das gilt auch für die Kinder! Dein Kind hat morgens ganz lange leise gespielt, Du fühlst Dich endlich mal wieder ausgeschlafen – Du hast Kraft genug für einen Besuch im vollen Erlebnisbad, das schon so lange nicht mehr auf dem Programm stand. Dein Kind hat sich bemüht, beim Weg an der Straße auf der sicheren Seite und an Deiner Hand zu gehen, Du musstest nicht um 200. Mal stehen bleiben und langwierig erklären, warum die Autos so gefährlich sind – Ihr habt Zeit für eine Stippvisite beim Bäcker an der großen Kreuzung und könnt in Ruhe tolle Sachen fürs Abendessen auswählen. Dein Kind hat Dir in der Küche geholfen und mit einer Schaumparty, die es fast alleine wieder beseitigt hat, den Abwasch erledigt, so dass Du fünf andere Sachen schaffen konntest – und Du hast nun Zeit für 5 Gute-Nacht-Geschichen. Oder: ein Kind hatte einen üblen Tag voller Zank und Missgeschicken und seine Stimmung ist im Keller – hol sie wieder hoch, belohnt Euch gemeinsam fürs Dasein, fürs Weitermachen, als Ansporn, aus Liebe.
Macht Euch schöne Momente, gute Erinnerungen! Sag Deinem Kind, wie toll Du etwas an ihm findest.
Das passiert dann einfach, unangkündigt, aus dem Moment heraus, kann also auch keinesfalls als Bestrafung weggelassen werden o.ä., weil es vorher nie Thema war. Und: es geschieht sofort im Anschluss, was für kleine Kinder eine wichtige Verknüpfung ist; Dinge, die angekündugt werden für irgendwann später sind viel zu unkonkret.
Also schaut doch mal hin, in wie fern Belohnungen und Lob bei Euch im Alltag vorkommen und hilfreich sein können oder aber an nicht so guten Plätzen eingesetzt werden und vielleicht abgeändert werden sollten.
(Deine Gedanken zum Thema Belohnung befassen sich mit anderen Aspekten wie .B. Verstärkerplänen zu Hause oder in Kindergarten und Schule? Wenn Du dazu mehr wissen möchtest, lies bitte hier beim Gewünschtesten Wunschkind weiter!)