27 Mrz

Ja zum Nein! Von Herzen.

„Es ist toll, dass sie so oft Nein sagt. Sie agiert nicht einfach blind nach den Vorgaben der anderen, macht nicht einfach artig, was man ihr vorkaut. Sie kennt sich, ihre Wünsche, schon sehr gut. Sie mag auch manchmal einfach ihren Weg gehen und nicht den der Masse. Ich sehe diese Kraft in ihr. Beeindruckend!“

Habt Ihr einen Satz in der Art schon einmal gehört über ein Kind das Nein sagt? Immer wieder? Das erkannt hat, wo sein Innen und sein Außen ist, wer die anderen sind, dass es viele Optionen gibt, dass man Entscheidungen treffen kann. Das erkannt hat, dass es gute und schlechte Gefühle gibt, gute und schlechte Erlebnisse, die man erinnert – und die Entscheidungen beeinflussen, ganz individuell.

Nein, solche Sätze sagen und hören wir selten. Wir sehen unsere Nein-Nein-Nein-Sager und sind gestresst vom unharmonischen Alltag, genervt vom gefühlt ewigen Kontra. Weil es uns aufhält im Alltagstrott, im Erwachsenentempo. Und unser Umfeld reagiert vielleicht nochmal mehr kritisch, weil ihnen zum Teil das Bauchgefühl fehlt beim Beobachten der Kinder, und es sie als Dickköpfe und Manipulatoren wahrnimmt!

Dann sagt dieses Umfeld Sätze wie „Es geht einem so auf den Keks, dass alles immer nur verneint wird, egal was man vorschlagt. Es ist einem ja echt schon unangenehm, dass ewig ein Nein kommt, egal worum es geht. Es soll doch einfach nur mal gerade schnell gehen. Das Kind muss sich doch auch mal kurz anpassen können. Man kann doch nicht jedes Mal nach seiner Pfeife tanzen und immer Rücksicht nehmen!“ – oder wir sagen diese Sätze am Ende selbst?!

Schaut hin! Es ist nämlich toll, dass Eure Kinder Nein sagen können.

Wie viele Erwachsene durften das als Kinder nicht – und können es heute nicht? Wie viele Erwachsene lernen es vielleicht erst in der Mitte ihres Lebens Dank therapeutischer Begleitung – und haben schon viel zu oft in ihrem Leben Ja gesagt, obwohl sie Nein meinten?

Wollt Ihr solche Kinder? Die sich nicht trauen, Nein zu sagen, wenn Tante Grete sie küsst. Die sich nicht trauen Nein zu sagen, wenn der Kindergartenfreund zum Hoserunterziehen animiert. Die sich nicht trauen, Nein zu sagen, wenn auf dem Schulhof einer ausgegrenzt wird und sie zum Mitmachen aufgefordert werden. Die sich nicht trauen, Nein zu sagen, wenn Zigaretten rund gehen, auch wenn sie gar nicht probieren wollen. Die sich nicht trauen, Nein zu sagen, wenn der Sporttrainer sie merkwürdig anfasst. Oder oder oder.

Nein! Wir wollen mutige Kinder, die ihre Entscheidung eigenständig, empathisch geleitet treffen können.

Dann fahrt ihnen nicht leichtfertig über den Mund, wenn sie Nein sagen. Schaut hin, ob es nicht doch gut ist, ob sie nicht klug sind, ob da nicht ein großer Entwicklungsschritt passiert ist. Unterstützt sie dabei, gut einschätzen zu können, wann sie Ja und wann sie Nein meinen – und das genau so zu äußern!

5 Gedanken zu „Ja zum Nein! Von Herzen.

  1. Hi, Danke für diesen Eintrag. Der kommt mir heute genau richtig! Seit morgens um 6 habe ich gefühlt einen dauernd heulenden, nörgelden, sich auf den Boden werfenden Sohn. Ich bin heute selbst sehr dünnhäutig und reizbar und kann das Geschrei an so einem Tag wirklich nicht ertragen. Die gefühlte Wahrheit ist an so einem Tag genau so, wie du schreibst "kann er jetzt nicht einmal ja sagen!". Natürlich passt er sich oft an, ständig. Ich entscheide quasi seinen ganzen Tagesablauf, was er zu essen bekommt usw. D.h. er wird sehr viel fremdbestimmt. Jetzt mit 19 Monaten gehts los, dass er reden kann und seine Meinung sagen kann. Das ist total schön und auch anstrengender, denn es erfordert mehr Verhandlungen meinerseits. Ich versuche dem Kleinen immer mehr selbstständig sein zu lassen, Entscheidungen treffen zu lassen und sein Nein auch zu akzeptieren. Aber ich habe auch meine Grenzen (möchte ihn nicht vom Spielplatz nach Hause tragen, wenn wir den Buggy dabei haben und er zu müde zum laufen ist) oder es gibt Sachen, die einfach gemacht werden müssen (Zähneputzen, Wickeln usw). Genau an diesen Stellen, werde ich unsicher mit meinem Erziehungsstil. Zumal mir ein brüllendes auf dem Boden liegendes Kind wirklich extrem unangenehm in der Öffentlichkeit ist. Wirklich so extrem, dass ich am liebsten um die Ecke gehen würde, um mich zu verstecken àla "Der gehört nicht zu mir". Wie gemein, oder? Dann kommts mir vor, als stünde auf meiner Stirn: Als Mutter versagt. Irgendwas in mir ist der tiefen und festen Überzeugung, wenn ich alles "richtig" mache und mein Kind liebevoll begleite beim Großwerden, ganz ohne Strafen und Gewalt, dann schreit es niemals und ist die meiste Zeit glücklich und zufrieden.
    • Liebe Tatjana, das klingt schon sehr reflektiert. Und nach Tagen, wie wir sie alle kennen. Aber vielleicht brauchst Du gerade trotzdem mehr Austausch? Können wir helfen?
        • Dann sei herzlich willkommen auf unserer Facebookseite https://www.facebook.com/Bindungstraeume/ oder etwas privater in der geschlossenen Gruppe https://www.facebook.com/groups/1577305785913857/ Oder nutzt Du kein Facebook?
  2. Pingback: Seht Ihr Euer Kind und vertragt seine Wahrheit? - bindungstraeume.de

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