Mein Kind macht nichts gegen mich, sondern nur etwas für sich!
Neulich hätte ich das kleine Mildikind fast verkauft.
Ich war so am Ende meiner Kräfte, wenn da jemand einen angemessenen Betrag geboten hätte, hätte ich sie hergegeben. Dachte ich.
So fertig war ich.
Und dabei wollte ich doch nur, dass sie sich die Zähne putzen lässt! Ohne schimpfen, ohne ihr hinterher zu rennen, ohne sie überreden oder festhalten zu müssen. Wieso konnte sie nicht einfach mitmachen? Wieso musste es immer im Drama enden? Wieso konnte sie nicht kooperieren, es wäre doch so leicht gewesen?
Immerhin war sie jetzt schon fünf Jahre alt, da muss man sich doch nicht mehr so anstellen! Was überhaupt völlig unverständlich für mich war, weil sie das als kleines Kind kaum gemacht hat. Da war Zähne putzen selten so mit Theater verbunden gewesen. Warum tat mir das Mildikind jetzt auf einmal so etwas an?
Ich war ratlos.
Und dabei war die Antwort ganz leicht: weil sie nicht anders konnte.
Sie war nämlich ERST fünf.
Sie konnte nicht sagen „Mami, warum machst Du so einen Stress? Es geht Dir nicht gut und ich muss das ausbaden. Ich halte das den ganzen Tag aus, schon so lange, und jetzt kann ich einfach nicht mehr. Ich mache das nicht mehr mit!
Es war ihre Art, sich von mir abzugrenzen. Es war ihre Art, mir zu sagen, dass ich ihr nicht gut tat. Es war ihre Art, mir mitzuteilen, dass ICH das Problem habe.
Mein Kind hatte nichts GEGEN mich gemacht, sondern nur etwas FÜR sich (nach Aida S. de Rodriguez von Elternmorphose.de)!
Das Verhalten eines Kindes ist immer sinnvoll, der Sinn erschließt sich uns Großen nur nicht immer gleich. Wenn sie die Kooperation verweigern, dann aus gutem Grund. (Mehr zum Kooperationsverhalten lest Ihr HIER)
Die Wahrheit ist, dass mein Akku leer war. Zu viele Baustellen, zu viel Arbeit, zu viel Perfektionismus, zu wenig Anerkennung, zu wenig Unterstützung. Seit Monaten kroch ich auf dem Zahnfleisch und funktionierte nur noch.
Ich war schon seit langem emotional so belastet, dass mir die Empathie flöten gegangen war. Wo ich früher loslassen konnte, machte ich jetzt Druck. Wo ich früher kreativ war, erwartete ich jetzt stillen Gehorsam.
Die Leichtigkeit war weg.
Statt dessen war da Angst.
Zum Glück habe ich Menschen, mit denen ich mich darüber austauschen kann, wenn etwas schief läuft. Zum Glück gibt es Gruppen und virtuelle Lagerfeuer und Blogs und Bücher und andere, denen es genau so geht wie mir. Die mir die Augen öffnen, die die richtigen Fragen stellen, die von sich erzählen, die Mitgefühl haben und die sich nachts mit mir zum Küchen-Kakao-Gespräch treffen, während sie sich am anderen Ende der Republik befinden.
Und zum Glück habe ich dieses Mildikind, das den Finger immer mitten in die Wunde legt, immer dorthin, wo es am meisten weh tut. Wo es am nötigsten ist. Immer wieder.
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