Ratgeber-Berge – Notwendig? Hilfreich? Gut?
In jeder Buchhandlung türmen sich die Ratgeber rund um Familie, Kinder, Schule, Pubertät, Achtsamkeit, Dialogführung, Schlafen, Regeln, Essen, Entwicklung, Babyaltern, Phasen… Und egal wie sicher oder unsicher sich ein Elternteil fühlt, egal für wie prima es sein Bauchgefühl hält, irgendwann greift fast jeder mal zu, blättert interessiert, liest hier und da oder saugt alles in einem Rutsch auf. Andererseits schimpfen stetig andere Eltern über diese unsäglichen Ratgeberberge und erzählen, dass sie die echt nicht nötig haben, denn mit Herz und Kopf ginge doch alles irgendwie.
Wie geht es Euch damit?
Ich habe jede Menge Ratgeber aus dem pädagogischen Bereich gelesen. Für die Allgemeinheit, für Fachleute, kurze, ausführliche, ernsthafte, lustige, bewegende, langweilige.
Was ist ein guter Ratgeber?
Und für mich habe ich ein Fazit gezogen:
Ein guter Ratgeber schafft beim Leser
- Gelassenheit durch Wissen und
- Gelassenheit durch Gemeinschaft
Gelassenheit ist der Schlüssel. Alle Bücher, die ich gut finde, vermitteln in erster Linie Inhalte und Rüstzeug, durch das wir verstehen, was bei uns zu Hause in der Familie passiert, und zeigen auf, dass es bei ganz vielen so ist, dass wir also nicht alleine sind, und dass es mit der Zeit anders wird, v.a. durch Entwicklungsschritte unserer Kinder. Sie stärken uns den Rücken fürs Annehmen der Situationen und für das Verändern unserer Einstellung, und sie geben uns Hoffnung.
Zahlen, Forschungsergebnisse, Altersangaben, Zusammenhänge, mögliche Folgen verschiedener Wege, geschichtliche Entwicklungen und Entstehungsweisen unglücklicher Traditionen, falsche Erwartungen, andere Blickwinkel – Argumente gegen Angriffe von außen. Das alles verhilft uns zu mehr Gelassenheit, mehr bei uns selbst sein. Und es verhindert Schuldgefühle.
Gibt es Lösungen?
Und erst im zweiten Schritt schauen die Autoren hin, was wie an der Situation geändert werden könnte – und zwar in Bezug auf die Settings der Umgebung und vor allem in Bezug auf uns, die Großen, die Erwachsenen. Da wird nicht an den Kindern gebogen und gezogen oder Symptome werden zerquetscht, sondern wir werden ermuntert, Ursachen zu verstehen und sensibel kreativ zu werden, um die Durststrecken zu überstehen. Wir werden animiert, individuelle Wege zu gehen, Rahmen zu stecken, Kompromisse zu finden, abseits von Ratgeberlisten und Pauschallösungen, denn es gibt nie abhakbare To-Do-Listen, die für alle passen:
- Veränderung in uns durch Akzeptanz der entwicklungspsychologischen Gegebenheiten und
- Veränderung an uns, nicht an den Kindern – Kampfvermeidung!
Ein gutes Buch schafft es so, dass die Verantwortung für alles bei uns bleibt. Nicht der Autor nimmt sie uns ab und sagt, was leider, leider echt mal getan werden müsste, und auch unsere Kinder bekommen die Verantwortung nicht aufgebürdet.
Auch zeigt uns ein sinnvoller Ratgeber, dass Veränderungen Zeit brauchen sowie dass es okay ist, wenn unsere Kinder sie nicht sofort klasse finden, sondern sich beschweren; Hautsache wir begleiten sie durch ihren Frust.
Außerdem ermuntert ein guter Ratgeber dazu, sich selbst nicht zu vergessen, sondern sich ggf. Hilfe zu holen, ohne dass man sich dabei schlecht, als Versager fühlt. Das kann ein Onlineaustausch sein, das kann ein Netzwerk vor Ort sein, das können Gegenstände sein, die bestimmte Situationen erleichtern, und das können auch Fachleute sein, die mit uns hinschauen, was genau los ist, was auf was prallt und uns den Alltag so schwer macht:
- Unterstützung suchen und annehmen
Empfehlungen
Jedes Buch, das diese Kriterien erfüllt, ist für mich ein guter, wichtiger, sinnvoller Ratgeber, der seine Berechtigung hat. Egal, wie gut unsere Intuition ist, egal, wie groß unser Herz, unsere Kraft, unser Denkvermögen ist.
Einige dieser Bücher findet Ihr bereits in unserer Literaturliste. Fehlt Euch ein Werk zu einem bestimmten Thema? Dann schreibt uns gerne an unter info@bindungstraeume.de.
IH