21 Okt

Auf einmal ging’s

Es war schrecklich. Jeden Tag wieder. Es hat uns alle bedrückt. Wir haben nach Auswegen gesucht, nach Strohhalmen. Die Nerven lagen oft blank. Geschwisterstreit!

Die beiden Großen waren vielleicht gerade mal 3 und 5 Jahre alt, der Jüngste erst geboren. Doch jeden Tag gingen sie aufeinander los. Mit Worten, körperlich. Eifersucht, Missgunst, Unsicherheiten, Wettkampf, Rivalitäten – vieles war im Spiel. Wir hatten manchmal den Eindruck, es war schlimmer als bei anderen, es war kein gewöhnlicher Geschwisterstreit. Es war heftig, wir manchmal ratlos.

Auch als der Kleinste längst im Kindergarten war und mitmischen konnte, blieb das Thema „unser Thema“. Es war das einzige, bei dem ich auf dem Zusatzfragebogen bei den Vorsorgeuntersuchungen immer mit der Kugelschreiberspitze über den Ankreuzfeldern hin- und herschwankte; war es außergewöhnlich stark?

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Foto: Inke Hummel

Besonders mittags, wenn alle drei gleichzeitig heim kamen, war der Druck unter ihnen besonders groß. Alle hatten Hunger, alle mussten erzählen, alle brauchten Nähe, alle hatten Wünsche für den Nachmittag. Als es uns einmal besonders über den Kopf zu wachsen schien, versuchten wir sogar, das Ganze irriger Weise mit einer Belohnungstafel in den Griff zu bekommen… Selten haben wir so einen unsinnigen Weg gewählt. Aber das zeigten uns unsere damit überforderten Kinder innerhalb von zwei Tagen ganz deutlich, und der Quatsch verschwand auf Nimmerwiedersehen.

Reden, umarmen, einfühlen, helfen beim Aufteilen und Regelungen finden, eingreifen, manchmal auch Streit aushalten, Kompromissefinden vormachen – das ist unser Weg.

Und neulich am frühen Nachmittag stehe ich in der Küche und höre, wie die drei sich zanken und dann finden, sie müssten sich am Esstisch zusammenfinden, um ein für alle mal eine klare Regelung für einen immer wieder auftretenden Disput zu finden. Also saßen sie da, sprachen, stritten, es stand auch mal einer auf und wollte aufgeben, aber wurde von den anderen zurückgeholt. Sie überlegten, diskutierten und: fanden eine Lösung! Ganz alleine.

Da waren sie 6, 9 und 11 Jahre alt. Und ich war unheimlich beeindruckt.

IH

2 Gedanken zu „Auf einmal ging’s

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