12 Mrz

Beziehungen achtsam aufbauen!

Egal, ob Babys und Kleinkinder stark fremdeln oder nicht: Besuche bei oder von Verwandten sind oft eine Herausforderung. Wen man nicht oft sieht, dem wird tendenziell misstraut – zum Glück! Das ist ja eine wichtige Vorsichtsmaßnahme. Je nach Temperament des Kindes ist die Vorsicht rasch vorbei, das Eis aufgetaut oder eben nicht. Gerade schüchterne oder eben auch stark fremdelnde Kinder brauchen mehr als nur ein bisschen Zeit und ein Lächeln.

Aufgrund von Corona konnten viele Familien sich lange nicht sehen. Manche Kinder sind ihren Verwandten noch gar nicht begegnet, weil sie mitten im „Homestayen“ geboren wurden. Und es ist verständlich, dass viel Sehnsucht im Spiel ist: Die Eltern wünschen sich Kontakt ihrer Kinder zu Großeltern, Tanten, Onkeln, sehnen sich vielleicht nach einem Netz, Hilfe im Alltag. Und die Verwandtschaft möchte das Kind gerne kennenlernen oder endlich wiedersehen. Es ist soooo viel Zeit vergangen! So viel Entwicklung passiert. Sehnsucht!

Welches Bedürfnis wiegt schwerer?

Aber wir Großen müssen aufpassen, dass unsere Bedürfnisse nicht vor die des Kindes treten. Gerade in der Fremdelphase, aber auch sonst brauchen die Kinder es, dass wir sie hier feinfühlig im Blick haben.

  • So toll beispielsweise eine Omi-Enkelchen-Beziehung aufs Leben gesehen ist, so wenig ist sie grundlegendes Bedürfnis eines Babys oder Kleinkindes.
  • So gut ein enges, unterstützendes Verwandtschaftsnetz für den Faktor „Selbstfürsorge“ der Eltern ist, so wenig ist es vordergründig wichtig aus Sicht des Kindes.

Immer wieder berichten Eltern, dass sie endlich die oder den wiedertreffen, eigentlich voller Sehnsucht nach Umarmungen. Aber man trifft sich schon rücksichtsvoll und regelkonform bloß zu einem Spaziergang an der frühlingshaften Luft, will reden und lachen und mit allen gemeinsam mit dem Kind interagieren – und dann sträubt sich der oder die Kleinste. Weinen, verstecken – keine Chance!

Das macht Frust auf allen Seiten. Die Verwandten sind unter Umständen beleidigt. Die Eltern sind enttäuscht. Das Kind reagiert heftig.

Alle Erwachsenen sollten hier auf die Bedürfnisse des oder der Jüngsten gucken: Das Kind braucht Sicherheit und Entscheidungsfreiheit. Wenn wir darüber hinweg gehen, wird es ihm nicht gut gehen und es wird entsprechend reagieren. Und: die Reaktion hat nichts mit unserer Person zu tun, nur mit unserem Verhalten. Daher:

  • Vorsicht, Abwarten oder Ablehnen durch das Kind nicht persönlich nehmen!
  • Vorsicht, Abwarten oder Ablehnen nicht als böswillige Absicht auffassen!

Unter Umständen musst du als Elternteil dies deinem Gegenüber deutlich machen. Und unter

Beziehung aufbauen

Gerade in der Fremdelphase, aber auch danach und speziell bei einem schüchternen Temperament brauchen Kinder Behutsamkeit beim Beziehungsaufbau. Und das ist nochmal stärker nach Monaten in der Corona-Homestaying-keine-Kita-überall-Masken-Zeit: Beklemmung und Hemmung liegen in der Luft, auch unsere Bedrücktheit ist zu spüren, überall sind Regeln statt Freiräume. Wir müssen langsam machen!

  • Eltern sollten sich darauf einstellen, dass die primäre Bezugsperson das Wiedersehen eng begleiten und kontinuierlich und feinfühlig für das Kind ansprechbar sein sollte. Es ist nicht der Moment für sie oder ihn selbst, im Mittelpunkt zu stehen. Vielleicht ergibt sich der Freiraum nach einer Aufwärmzeit.
  • Und die Verwandtschaft sollte sich darauf einstellen, dass Beziehung nicht einfach da ist, sondern aufgebaut werden muss. Das Kind trägt nicht die gleiche Sehnsucht in sich wie man selbst.

Ideen

Drängen bringt nichts, weil man damit sowohl den Aspekt „Sicherheit“ als auch „Entscheidungsfreiheit“ bedrängt. Akzeptable Bezugspersonen sind diejenigen, die für das Kind die „beste anzunehmender Pflegekompetenz“ zeigen: Bist Du sensibel? Spürst du, was ich brauche? Lässt du mir Zeit? Zwingst du mich nicht?

  • Rund um Corona, aber auch sonst ist es clever, sich draußen in der Weite zu treffen statt drinnen.
  • Es kann helfen, dass ein kleines Kind erstmal auf dem Arm ist, dass es nicht berührt wird und eventuell nicht mal beachtet und angesprochen vom „fremden“ Gegenüber. Wartet auf seine Signale.
  • Es kann auch helfen, sich als Elternteil auf eine Tätigkeit zu konzentrieren, die das Kind mit seiner Bezugsperson macht (bauen, puzzeln, malen, buddeln…) und darüber den oder die anderen nach und nach einzuspannen.
  • In Coronazeiten ist es nicht so wichtig, das extra zu sagen, aber allgemein ist der Tipp richtig: Sucht einen Ort auf, der nicht zu viele Leute und zu viele Reize (Lautstärke, Beängstigendes…) bietet. Das könnte ein schüchternes Verhalten zusätzlich befeuern.
  • Nimm Deinem Kind etwas Gewohntes, Liebgewonnenes mit als Anker, wenn Ihr nicht zu Hause seid.
  • Nimm es an, wenn zu Beginn verschiedene Räume notwendig sein sollten, falls Ihr Euch zu Hause trefft. Dein/e Partner*in kann sich um den anderen Erwachsenen kümmern, während Du schaust, was Dein Kind braucht und ob es irgendwann Kontakt möchte oder nicht.

Weitere ähnlichen Gedanken findest Du in unseren Texten über Eingewöhnung und neue Bezugspersonen.

Alle Fotos im Beitrag und Inspiration: Katharina Lorber.

IH