14 Dez

Vorlesen – das große Geschenk

Lesen verbindet

Ich habe es als Kind selbst geliebt, wenn meine Mama oder mein Papa mir vorgelesen haben. Eine Tradition, die wir in unserer Familie weitergeführt haben: Diese gemeinsame Zeit beim Vorlesen ist mir und meinem Kind wertvoll. Da bin ich meinem Kind sehr nahe. Auch körperlich. Das gemeinsam Kuscheln im Bett. 

Ach ja: meine Frau liest und kuschelt übrigens lieber auf dem Sofa – nur so schon mal als Hinweis: Beim Vorlesen gilt natürlich auch: Jede und jeder darf es genau so machen, wie er will ).  

Vorlesen als Geschenk

Vorlesen empfinde ich als Geschenk: Ich nehme mir die Zeit und lese meinem Kind vor. Vor allem anfangs ist es dem Kind ja lange Jahre nicht möglich, einen Text zu lesen. Schriftsprache können sie sich nur mit unserer Hilfe erschließen. Ich leihe, schenke für einen Moment also auch meine Fähigkeit zu lesen dem Kind.  

Lernen: Vorlesen führt zu Selberlesen

Vorlesen hilft beim Lesenlernen, sagen viele Studien. Ganz ehrlich: Ich denke es ist vor allem das Vorbild, das hier wirkt. Da sitzt Mama oder Papa und liest. Was das Kind bewusst wahrnimmt und auch sehr unbewusst abspeichert: Anscheinend hat lesen und haben Bücher für Mama und Papa einen hohen Stellenwert. Da ich ja so wie Mama und Papa werden will: Will ich auch lesen. Kennt alle Eltern dieses typische: „Ich auch“ oder „selber machen“.

Väter: Lest. Mehr. Regelmäßig.

Um auf die Studien zurückzukommen: Väter, die lesen, haben eine tolle Wirkung auf die Leseleistung der Söhne. Vorbild und so … Wie gesagt: Die machen uns einfach alles nach … .  

Bis zu welchem Alter vorlesen?

So lange, wie dein Kind das möchte. Denn: Manche Eltern hören mit dem Vorlesen auf, wenn ihre Kinder in die Schule kommen. So nach dem Motto: Kann die ja jetzt selbst. Doch das Konzept kann nach hinten losgehen … 

Ja, es gibt Kinder, die in der ersten Klasse beginnen Bücher zu lesen und dann von da an nur noch selber lesen. Es gibt aber auch viele Kinder, die das noch nicht schaffen. Auch nicht in der zweiten oder in der dritten Klasse … die vor allem abends kaum noch Kraft dazu haben. 

Lesenlernen ist wie viele andere Dinge (laufen lernen, sprechen lernen, Radfahren lernen) etwas, das sehr individuell abläuft. Und das anfangs sehr anstrengend sein kann.

Gerade wenn das Kind nicht so schnell wie die anderen Kinder lesen lernt, würde ich weiter vorlesen! Das abendliche Zubettgehenritual in eine private Nachhilfestunde zu verwandeln, kann ordentlich in die Hose gehen. Fällt dem Kind lesen schwer, dann spürt es das in der Regel durch den Vergleich in der Schule eh zu genüge. Wenn jetzt Mama und Papa anfangen auch noch abends von ihm etwas zu fordern, was er augenscheinlich nicht kann, dann kann das sehr stressig und verletzend sein. Manchmal kommt es dann soweit, dass das Kind überhaupt „keinen Bock“ mehr auf Lesen und Bücher hat … 

Wenn Lesen lernen lange dauert

Eins unserer Kinder hat lange gebraucht, bis er flüssig gelesen hat. Ich habe fast bis zum Ende der Grundschule vorgelesen. Jeden Abend. Irgendwann hat das Kind mal eine Seite in einem Rutsch runtergelesen – wunderbar betont und interpretiert. Eine Seite. Danach monatelang nicht mehr. Und dann irgendwann fing er selbst an. War ihm mein Vorlesen zu langsam. Den ersten Band Harry Potter hat das Kind dann in der 4. Klasse in 3 Tagen gelesen! Das Kind, bei dem viele sich Sorgen machten. Ich habe daraus gelernt, wie wichtig es ist, liebevoll da zu sein und zu vertrauen. Auf die Wirkung der Zeit und der kleinen Schritte zu vertrauen.

Ich habe wirklich keinen Nerv, Zeit oder Ruhe

Es gibt Zeiten, Herausforderungen und persönliche Verfassungen, da ist einfach keine Lust oder Kraft für Vorlesen da. in dem Fall: Vergiss alles, was ich bisher gesagt habe und mach das, was für dich passt. Lesen soll weder bei den Kindern noch bei dir Stress verursachen, es soll keinen Druck aufbauen, und vor allem: es soll kein Lernprogramm werden. Lesen soll Spaß machen. 

Zwei gute Nachrichten: 

  1. Selbst Kinder, die keine Bücherwürmer werden, kommen durchs Leben – und angeblich können die auch glücklich werden 
  2. Es muss nicht immer das Buch sein, um die Freude am Lesen zu wecken (Tipps s. unten „Lesen to go“)

Lesen to go

Das Kind oder du habt es nicht so mit Büchern? Kein Problem. Neben Büchern gibt es zahlreiche Möglichkeiten zu lesen: Straßenschilder, Apps, Verpackungen von Kaugummis und Schokolade, Aufschriften auf LKWs, die Postkarte, Klingelschilder, die Schrift auf Gulli-Deckel, T-Shirt-Aufdruck, Nummernschilder von Autos, usw. usf.

Hauptsache es macht Spaß

Das Geheimnis von leichtem Lernen ist ja der Spaß. Deswegen ist mein Rat: Schau, wie Lesen für dich und dein Kind leicht und angenehm sein kann. Wenn das abendliche Vorlesen im Bett zu anstrengend ist, dann lass es. Ganz ehrlich, wichtig ist nur, dass es für euch funktioniert. Für dich und dein Kind.  

Apropos Lesen: Meine Weihnachtswichtel-Geschichten

Seit ein paar Jahren schreibe ich zu Weihnachten eine Geschichte um den Weihnachtswichtel Ribbelwitsch. Das neuste Abenteuer von Ribbelwitsch kannst du dir hier anhören. Ich habe die Geschichte selbst eingelesen – ein kleines Hörbuch: 

http://christopher-end.de/geschenk/ 

 

(Dieser Text stammt von unserem Bindungsträume-Mitglied Christopher End. Mehr zum in Beziehung Gehen über Geschichten findet Ihr hier.)