Babysitting – ein Fremder bei meinem Kind??
„Ich. Kann. Nicht. Mehr.“ Manchmal kommt man an diesen Punkt, und es hilft kein Tee, kein Wannenbad, kein Telefonat mit der besten Freundin. Manchmal klebt das Kind dauerhaft an einem und man wünscht sich, alleine oder auch als Paar, Hilfe. Entlasung!
Glück ist, wenn man dann Familie in der Nähe hat, der man den Nachwuchs auch noch mit einem guten Gefühl anvertrauen kann. Aber: wie viele haben dies nicht und müssen an fremde Hilfe denken.
In vielen Gesprächen höre ich dann die Gedanken: „Ja, Zeit für mich oder mal eine Stunde im Haushalt, für Papierkram, für xy – das wäre toll. Aber das Kind jetzt schon an jemand Fremden gewöhnen? So viel Vertrauen haben, dass man die Person mit dem Kind alleine lässt? Nee, dann lieber doch nicht.“
Der „bindungsorientierte“ Babysitter
Dabei gibt es einen guten Weg, wie wir Eltern uns an die neue Bezugsperson gewöhnen können und unsere Kinder natürlich auch in Ruhe Zeit dazu haben: das Babysitting muss nicht ohne uns stattfinden, wir müssen nicht „ausgehen“, das Kind zurücklassen. Zur guten Eingewöhnung für alle und um in Ruhe eine Bindung zwischen Kind und neuer Bezugsperson aufbauen zu können, ist es ein Weg, sich die Person zum Kennenlernen nach Hause einzuladen – wie jeden Babysitter -, aber dann auch bei jedem Treffen da zu sein, sich nur immer weiter aus der Situation zurückzuziehen, die Verantwortung abzugeben.
Der Babysitter kann zu Hause mit dem Kind spielen, und wir Eltern machen mittelfristig die Tür zu, haben Zeit für andere Dinge, aber sind sofort greifbar. Wir können die Betreuungsperson mitnehmen, wenn wir auf den Spielplatz gehen, und er kümmert sich um unseren kletternden Zwerg, wenn wir mit dem Laptop auf einer Picknickdecke sitzen oder auf einer Bank Löcher in die Luft starren. Vielleicht können wir sie mitnehmen zu unserem Hobby und Badminton spielen oder reiten, während unser Kind gut begleitet und immer in unserer Nähe unterwegs ist und die Welt erkundet, aber jederzeit zu uns kann.
Wir sind da, die gewohnte Umgebung ist da, es ist keine eher schwierige Situation wie der Abend, wo Müdigkeit und Extranähebedürfnis Thema sein könnten. Wir bekommen wieder „Luft“, können Kraft tanken.
Und mit der Zeit werden wir und unser Kind hoffentlich das Vertrauen fassen und auch klassische Babysittingsituationen ausprobieren können: mal das Haus verlassen, wenn der neue Mensch im Leben unseres Kindes dort ist.
Woher kommt die Hilfe?
Gute Erfahrungen haben wir mit Mundpropaganda, aber auch mit Aushängen in benachbarten Schulen oder wenn möglich der Uni gemacht; Studenten sind oft eine gute Wahl, weil sie ggf. auch mal vormittags Zeit haben. Ein „Haus der Familie“ und ähnliche Organistionen bieten häufig Babysitterkurse an und verfügen danach über Listen, aus denen man sich jemanden aussuchen kann. Auch „Leihgroßeltern“ findet man dort manchmal.
Wichtig ist neben der „Chemie“ und natürlich einigen grundlegenden Einstellungen als Voraussetzung für den guten Umgang mit unserem Kind, auch die Frage, ob die Person höchstwahrscheinlich langfristig verfügbar sein wird, also wenn möglich auf jeden Fall die nächsten ein bis zwei Jahre, und kein Umzug, Auslandsaufenthalt o.ä. geplant ist, so dass wir hoffentlich nicht zu oft neu suchen und vor allem neu eingewöhnen müssen.
Unsere Erfahrung
Wir haben das unglaubliche Glück, vier Großeltern vor Ort zu haben, die mit unseren Kindern toll umgehen und teilweise auch unproblematisch alle drei Kinder nehmen. Aber: sie sind auch noch jung und fit und haben dementsprechend eigene Pläne wie Hobbys und Reisen. Darum haben wir uns in der 3. Schwangerschaft, als ich sehr eingeschränkt mobil war, eine Babysitterin gesucht, die mit mir bei den Kindern war, aber der ich immer mehr Verantwortung übergeben konnte. Sie fing unsere Tochter auf, als diese vom Metallflugzeug am Spielplatz sprang, was ich hochschwanger und mit schlimmen Problemen definitiv nicht mehr gekonnt hätte. Sie saß mit ihr im Kinderbecken des Spaßbades, während ich mal nur mit dem Großen im Wellenbad unterwegs sein konnte. Und sie las beiden gemeinsam stundenlang vor hier zu Hause, während ich in der Küche mal ungestört etwas wegschaffen oder die Füße hochlegen konnte. Es tat uns allen gut.
Ja, es ist eine Ausgabe, die man sich leisten können muss, aber wir konnten uns ganz gut auf einen nicht zu hohen Preis einigen, da unsere Hilfe ja nicht gänzlich alleine mit den Kindern war und noch dazu selbst großen Spaß an ihnen und auch unseren Ausfügen hatte.
Einen Versuch ist es wert, wenn Ihr das Gefühl habt, Ihr braucht ein bisschen Luft, Entspannung, Entlastung, Ich-Zeit!
Pingback: Entspannte Eltern haben ... es gut! - bindungstraeume.de