Katia Saalfrank „Was unsere Kinder brauchen – 7 Werte für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung“
Als meine Kinder noch relativ klein waren, war ich sehr überzeugt von einem Erziehungsratgeber, in dem man ganz bestimmte Situationen aufgelistet fand und eine passende, sehr liebvevolle Lösung beschrieben wurde – z.B. Geschwisterstreit, Wickelunlust, Termine einhalten müssen. Dieses Buch habe ich lange weiterempfohlen und je nach Thematik und Gegenüber tue ich es heute noch manchmal. Doch inzwischen bin ich selbst nicht mehr richtig glücklich mit diesem Buch, da mir manche der aufgelisteten Situationen inzwischen merkwürdig vorkommen, weil sie für mich inzwischen viel selbstverständlicher dazugehören und gar nicht so sehr der Reglementierung bedürfen, wie es dort vertreten wird, vor allem, wenn andere, grundlegende Dinge in der Familie schon anders reflektiert wurden.
Seit Mildi vom Attachment Parenting Kongress im Oktober diesen Jahres mit Katharina Saalfranks neuem Buch „Was unsere Kinder brauchen – 7 Werte für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung“ (erschienen 2016 im Gräfe und Unzer Verlag / GU) zurückkam und ich es mir bald darauf besorgt und fast in einem Rutsch gelesen habe, weiß ich, dass mir diese Betrachtungsweise, diese Art des „Ratgebens“ viel näher ist. Darin stehen keine aneinandergereihten Rezepte klar nach Themengebieten geordnet, was früher noch verlockend klang – nein, es geht viel tiefer, ist aber doch so eingängig und logisch. Darin ist so viel Grundlegendes, und genau das ist es, was ich mit unseren Kindern und auch in meiner Beratung, wenn andere Eltern mich um Unterstützung bitten, benötige.
Die sieben Werte werden jeweils in einem eigenen Kapitel beleuchtet und einem konträren Weg gegenüber gestellt: z.B. Beziehung statt Erziehung, Achtsamkeit statt Belehrung oder Verantwortung statt Bevormundung. Einleitend wird beschrieben wie der alltägliche Ablauf häufig aussieht – und zwar ist dies eben oft der konträre Weg, der sich eingeschlichen hat im Alltag, der vielleicht übernommen wurde aus der eigenen Erfahrungswelt als Kind, der „einfach passiert“ und der zur gestörten Eltern-Kind-Beziehung und zu Problemen führt.
Anhand von Beispielen aus ihrer Praxis erläutert Katia diese Probleme und auch die möglichen alternativen Wege im Miteinander. Dabei erfährt man immer wieder Details aus der pädagogischen Geschichte, der Entwicklungspsychologie u.v.m., aber alles stets absolut leserfreundlich verpackt, so dass auch Laien den Lesespaß nicht verlieren.
Im Laufe der einzelnen Kapitel erläutert Katia dann genau, wieso sie einen anderen Wert dagegensetzt und wie man dies im Alltag am besten umsetzt, ganz grundlegend über Jahre, als innere Haltung – und bleibt dabei doch offen, denn diese Wege müssen ja ganz individuell ausgestaltet sein. Am Ende eines jeden – übrigens wunderbar zurückhaltend und trotzdem ansprechend und stimmig illustrierten – Abschnitts werden die Inhalte stichwortartig als „Aha-Effekte“ zusammenfassend aufgelistet.
Besonders ansprechend fand ich beim Lesen die immer wieder eingefügten Passagen unter der Überschrift „Rückenstärkung“. Hier werden typische Vorwürfe, denen bindungsorientierte Eltern immer wieder ausgesetzt sind (z.B. Kinder seien Tyrannen oder bräuchten Strafen, um zu lernen und zu verstehen), wunderbar kurz und bündig entkräftet, so dass man wirklich gestärkt und argumentativ gerüstet ins nächste, möglicherweise vorwurfbeladene Gespräch gehen kann.
Nicht nur ich, sondern auch andere Leser haben schon gelobt, wie gut verständlich das Werk geschrieben ist und wie leicht man es lesen kann – selbst wenn man übermüdet sein sollte oder immer wieder wegen kleiner Kinder unterbrechen muss.
Für mich ist das Buch ein echter Schatz!
IH
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