05 Apr

Trennung und Trauer

Wenn es in unserem Umfeld einen Todesfall gibt, sind wir Eltern heute meist sensibler als es die Erwachsenen in unserer eigenen Kindheit gewesen sind. Da wurde nicht groß überlegt: Das Kind kam mit zum Friedhof oder auch nicht, wenn das eher als zu anstrengend empfunden wurde und es eine andere Betreuungsmöglichkeit gab. Heute schauen zahlreiche Eltern nicht einfach nur pragmatisch hin, sondern vielfach mitfühlend und kindorientiert. Manchmal suchen sie dann sogar meine Beratung auf und wir schauen dann:

Weiterlesen

18 Sep

Norman Wolf: „Die Fische schlafen noch!“

“ ‚Normi‘, sagt Opa, als er mich sieht, und es fühlt sich wie eine Umarmung an. Ich denke an die Jungs in meiner Klasse, die alle darauf pochen, schon fast erwachsen zu sein, MTV statt Super RTL schauen, für die Mädchen aus der Parallelklasse schwärmen und zwischen den Stunden über das Rauchen und manchmal über Sex sprechen. Ich will gar nicht erwachsen sein. Erwachsene streiten sich ständig, sorgen sich um Geld und trinken Bier, wenn es ihnen schlecht geht. Ich bin mit Kindsein noch nicht fertig.“

Diese Zeilen mitten aus dem Buch „Die Fische schlafen noch“ von Norman Wolf (MVG) beinhalten schon ziemlich viel, was in diesem Werk steckt: gefühlvoll erinnert sich der Autor zurück an seine Kindheit, in der das idyllische Familienleben immer stärker zerbröselte und ihn innerlich bedrückte.

Weiterlesen

03 Apr

Ein gutes Bindungsnetz weben – aber wie?

Gute Bindungen aufbauen, Bezugsperson werden

Überall wird inzwischen von guten Bindungen gesprochen, von Bezugspersonen und dass ein Kind mehrere haben kann und sollte. Aber wie wird man eine echte Bezugsperson? Wie bleibt man das? Was braucht es dafür – im privaten und im institutionellen Rahmen? Ein schlichter enger Verwandtschaftsgrad reicht natürlich ebenso wenig wie ein Betreuungsvertrag. Man muss schon etwas dafür tun.

Eine gute, gesunde Bindung eines Kindes an einen Erwachsenen entsteht durch erfahrene, echte Zuwendung, durch das Gefühl von Geborgenheit, durch den Eindruck, wirklich akzeptiert zu werden. Sie entsteht durch eine „Pflegekompetenz“, die das Kind wahrnimmt, und durch eine enge Begleitung seiner Entwicklung in Form von Teilnahme, Hilfe, Orientierungsgebung, Ermutigen. Und besonders wichtig ist auch die erfahrene Verlässlichkeit. Die benötigte Intensität ist individuell verschieden, und der Zeitfaktor oder auch die räumliche Nähe sind gar nicht immer so relevant; so kann eine Großmutter in 500 km Entfernung, die man nur dreimal jährlich sieht, auf Grund ihrer echten Zuwendung, wann immer dies möglich ist, mehr Bezugsperson sein, als die nebenan lebende Tante, die nicht richtig im Moment ist, wenn sie auf das Kind trifft.

Möchte ich also Bezugsperson werden, muss ich mich hineingeben in das Kinderleben, Sicherheit geben, Bedürfnisse erspüren, am besten immer mal wieder Alleinzeit mit dem Kind verbringen und wirklich „mit“ sein, wenn das Kind die Welt erkundet oder davon erzählt. Ich sollte sicher und leitend Wurzeln geben, mich selbst und meine Bedürfnisse auch nicht verleugnen und dem Kind ebenso sicher Flügel ermöglichen.

Manchmal geht das ganz schnell, dass die Sicherheit da ist und alles klar ist zwischen zwei Menschen, und manchmal braucht es lange. Jedes Kind ist anders, die Atmosphäre kann sich unterscheiden, gemachte Erfahrungen spielen eine Rolle. Das Kind braucht seine individuelle Eingewöhnungszeit für neu hinzukommende Bezugspersonen – in der Kita, mit einem Babysitter, mit Verwandten. Die kann man auch nicht hektisch verkürzen, wenn man wirklich eine sichere Bindung möchte, aber man kann sich extra intensiv um den Aufbau bemühen: ehrlich, gefühlvoll, angemessen.

Und wenn sie wieder geht?

Manchmal geht auch eine Bezugsperson. Bei der Trennung von Eltern oder Partnern, aber auch durch andere Ereignisse. Umzüge, Wechsel von Institutionen, Todesfälle…alles mögliche kann Ursache sein. Dann bleibt definitiv eine Lücke. Der Part, den diese Person eingenommen hat, bleibt frei; die Bedürfnisse, die genau diese Person erfüllt hat, bleiben unerfüllt. Und dann?

Theoretisch kann eine der bisherigen Bezugspersonen die Lücke füllen. Praktisch ist dies nicht immer möglich, denn jeder hat ein gewisses Kraft- und Zeitkontingent, die irgendwann erschöpft sein können. Was aber immer möglich ist, ist dass eine neue Person diese Lücke füllt, den bisherigen Menschen im Leben des Kindes ersetzt. Das können sogar mehrere Personen gemeinsam übernehmen; so bekommt das Kind mehr Ansprechpartner, mehr Vorbilder, mehr Zuhörer, mehr Wurzelgeber und lernt auch noch mehrere verschiedene Beziehungsarten kennen, was für die soziale Entwicklung vorteilhaft sein kann.

Dann ist „mehr als die Eltern“ und „außerhalb der Kernfamilie“ gar nicht so ein Problem?

Nein, eine Betreuung durch Nicht-Eltern ist eben nicht simpel schlecht zu reden, wie es doch immer wieder passiert! Kinder müssen keinen Schaden nehmen, wenn eine der wichtigsten oder vor allem die primäre Bezugsperson nicht ständig greifbar ist – Hauptsache die anderen haben sich sanft in das Leben und das Herz des Kindes hineingearbeitet. Das kann im Babyalter wie bei Kleinkindern so sein oder auch erst bei großen Kindern und Teenagern. Gute Bindungen warten überall, man muss sie nur mit Bedacht ins bestehende Bindungsnetz hineinweben.

29 Mrz

Babysitting – ein Fremder bei meinem Kind??

„Ich. Kann. Nicht. Mehr.“ Manchmal kommt man an diesen Punkt, und es hilft kein Tee, kein Wannenbad, kein Telefonat mit der besten Freundin. Manchmal klebt das Kind dauerhaft an einem und man wünscht sich, alleine oder auch als Paar, Hilfe. Entlasung!

Glück ist, wenn man dann Familie in der Nähe hat, der man den Nachwuchs auch noch mit einem guten Gefühl anvertrauen kann. Aber: wie viele haben dies nicht und müssen an fremde Hilfe denken.

Weiterlesen

30 Mrz

„Du bist doch jetzt schon groß genug! Du musst damit klarkommen.“

Ein Baby hat plötzlich Angst, in der Krabbelgruppe, in der letzte Woche noch alles gut war. Die es seit Monaten kennt. Die aus kaum 15 Personen besteht, nur Mütter und andere Babys. Es fremdelt.

Ein Kleinkind hat Wut, im Kindergarten. Es geht nur um ein umgestoßenes Bauwerk aus Magneten, an dem es aber den halben Vormittag gesessen hatten. Gedankenverloren, weltvergessen, gefangen im Glück. Und jetzt ist es kaputt, einfach so. Die Wut kocht, die Aggression will raus, ungebremst.

Ein Grundschulkind bekommt plötzlich Gänsehaut im Wald, spürt wie unheimlich es ist. So oft schon war es hier mit den Eltern entlang gegangen. Sie sind nur wenige hundert Meter vor ihm, aber hinter den Bäumen nicht zu sehen. Das Rascheln der Blätter klingt anders als sonst. Die Situation ist plözlich fremd und neu.

– All diese Kinder hören, wenn sie Pech haben, das gleiche: Du bist doch jetzt schon groß genug! Du musst damit klarkommen. Wenn nicht genau genug hingeschaut wird, werden willkürliche Grenzen festgelegt, wann wir erwarten, dass Kinder bestimmte Dinge doch bitteschön endlich können müssen. Und anstatt sie wieder zu begleiten, wird dann auf Konfrontationskurs gesetzt.

Weiterlesen