10 Apr

„Wir wollen auch dann noch ein Paar sein, wenn die Kinder aus dem Haus sind.“

„Wir wollen auch dann noch ein Paar sein,

wenn die Kinder aus dem Haus sind.“

Dieser Satz beinhaltet ganz viel. Ich will ihn mal auseinandernehmen und zeigen, inwiefern er sehr hilfreich sein kann. Wenn man über Attachment Parenting spricht, geht es ganz oft um das Erkennen von Bedürfnissen und auch um Priorisierungen.

In der Familienbegleitung und Elternberatung begegnen einem oft die Fragen danach, welche Bedürfnisse wie wichtig sind, wer wann welche Bedürfnisse zeigen, einfordern oder aber hintenanstellen sollte – und es geht auch oft darum, dass sich Erwachsene nicht gesehen fühlen oder aber in ihren Bedürfnisse nicht zeigen können. Sie sind unsicher, ob sie Ansprüche erheben dürfen auf Ich-Zeit, auf Wir-Zeit, auf „Könntest Du an dieser Stelle mal übernehmen?“ oder „Können wir uns Unterstützung holen?“

„You can’t pour from an empty cup.“

Auch der Gedanke hilft hier weiter. Blicken wir als Elternteil mit AP-Haltung auf unsere Kinder, auf unsere gesamte Familie, so gilt es, alle Bedürfnisse zu erfassen und zu bewerten. Alle sind wichtig, aber welches kann warten, welches Familienmitglied kann schon begreifen, dass es warten muss und dann als nächstes dran ist?

Als bindungsorientierte Eltern sollte klar sein, dass ein Baby vorgeht. Es braucht einfühlsame Eltern, die prompt reagieren, ihm innige Nähe schenken und es zärtlich und fürsorglich versorgen und pflegen. Es kann nicht warten, es kann nicht verstehen, was „gleich“, „als nächstes“ oder „später“ heißt; der Spielraum ist sehr begrenzt. Eine gut eingespielte elterliche und auch familiäre Beziehung zu bereits vorhandenen Geschwisterkindern hält das aus; die Babyzeit ist objektiv betrachtet kurz – auch wenn sie uns in manchen Momenten wahrlich nicht so vorkommen mag. Romantik, intensive Gespräche, Zeit zu zweit, Zeit für sich alleine, Zeit für Hobbys und Freunde „wie es früher war“ können warten. Wenn sich ausreichend Raum für die Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Schlafen, Hygiene, Nähe im Kleinen findet, ist das schon gut. So wird die Tasse nicht leer. Wenn uns das nicht reichen sollte, müssen wir hinschauen, wo Schrauben sind, an denen noch gedreht werden kann, ohne dass es auf Kosten der Bindung und des Urvertrauens unseres Babys geht.

Wer sich nicht traut, seine Gefühle hier zu äußern, ist auf verlorenem Posten. Es mag erstmal wie eine Hürde erscheinen, aber es tut gut, selbst wenn es erst einmal in einen Streit münden mag. Es muss raus, Lösungen müssen her. Krisen sind Chancen!

Foto: Hummel privat

Werden die Kinder größer und kognitiv reifer, brauchen sie immer noch ganz viel von uns, und das ist schön! Trotzdem wachsen auch in den meisten Eltern verschiedene Bedürfnisse und melden sich oft lautstark. Manchmal ist das Verwirklichen einfach, aber bei vielen toben innerlich Kämpfe: Was darf ich mir erlauben? Was können wir dem Kind zumuten? Wie viel Energie muss ich aufbringen, obwohl die Kinder schon so energiefressend sind?

„You can’t pour from an empty cup.“ – also schau nach Dir und dass es Dir gut geht, damit Du Kraft für Kinder, Alltag, Familie hast. Das darfst Du!

„Wir wollen auch dann noch ein Paar sein, wenn die Kinder aus dem Haus sind.“ – Wenn man die Babyzeit überstanden hat und noch ein Paar ist, ist das doch mal ein Ziel! Aber dafür gilt es, etwas zu tun, aktiv zu werden. Die Kinder brauchen uns und kosten Kraft. Die Beziehung braucht uns auch. Mit dem Gedanken an das alte, grauhaarige Ehepaar im Kopf, das Händchen haltend spazieren geht und sich mal schmutzige Witze erzählt, mal von den Enkeln schwärmt, lässt sich die Energie für die Beziehungsarbeit mit dem Partner gut aufbringen.  Auch das lohnt sich sehr, für alle in der Familie.

IH

4 Gedanken zu „„Wir wollen auch dann noch ein Paar sein, wenn die Kinder aus dem Haus sind.“

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